“P. WILHELM SCHMIDT (1868-1954)” in “Portraits of Linguists: A Biographical Source Book for the History of Western Linguistics, 1746-1963, V. 2”
P. WILHELM SCHMIDT (1868-1954)
P. W. Schmidt als Linguist
Arnold Burgmann
Die Würdigung von P. W. Schmidts wissenschaftlichem Lebenswerk setzt mit gutem Grund bei seinen linguistischen Arbeiten ein. Mit ihnen begann er seine wissenschaftliche Laufbahn, sie verschafften ihm Namen and Ansehen und schufen damit die Voraussetzungen für sein späteres Wirken.
W. Schmidts Leistung auf dem Gebiet der Sprachwissenschaft ist imposant : rund 120 Werke weist die Liste seiner linguistischen Veröffentlichungen auf (die Buchbesprechungen mitgerechnet).1 Weitaus der größte Teil ist der Erforschung der Sprachen des pazifisehen Raumes gewidmet. Aber auch zu Fragen der afrikanischen Linguistik hat er in einer Reihe von Buchbesprechungen Stellung genommen und einzelne sprachliche Erscheinungen über die ganze Erde verfolgt, und schließlich fehlen auch nicht Erörterungen über Probleme der allegemeinen Sprachwissenschaft und der Phonetik. Mit dem Werk ‘ Sprachfamilien und Sprachenkreise der Erde ‘ schließt er 1926 seine linguistischen Arbeiten im wesentlichen ab.2
Hier soll nun versucht werden, W. Schmidts Stellung in der Sprachwissenschaft zu bestimmen und seine Gesamtleistung als Linguist zu würdigen. Das ist um so notwendiger, als die vorliegenden Urteile darüber nicht eindeutig sind. Daher will diese Rückschau auf sein Lebenswerk versuchen, festzustellen, was an Schmidts Leistung originell und was von bleibendem Wert ist. Dazu bedarf es nicht einer eingehenden Darstellung jeder Einzelarbeit. Das ganze linguistische Werk läßt sich in den folgenden vier Problemkreisen, die eng mit seinem Namen verbunden sind, erfassen :
I. Die Stellung der melanesischen Sprachen ;
II. Die Stellung der Mon-Khmer-Völker ;
III. Die Gliederung der australischen Sprachen ;
IV. Die Sprachfamilien und Sprachenkreise der Erde.
I. Die Stellung der melanesischen Sprachen
Die linguistische Erstlingsschrift W. Schmidts beschäftigt sich mit den melanesischen Sprachen. Den Anlaß dazu gaben die schwierigen sprachlichen Verhältnisse in der von der Steyler Missionsgesellschaft [S. V. D.] neu übernommenen Mission auf Neuguinea.3 W. Schmidt, seit einem Jahr Professor am Missionsseminar St. Gabriel/Mödling, griff die Probleme, vor die sich seine Mitbrüder gestellt sahen, auf.
Als erste Frucht seiner Studien veröffentlichte er 1899 die Schrift ‘ ワber das Verhältniss der melanesischen Sprachen zu den polynesischen und unter einander‘ (2). Bei seinen Bemühungen, die Sprachen Neuguineas, das geographisch zu Melanesien gehört, einzuordnen, war W. Schmidt auf die noch offene Frage nach der Stellung der melanesischen Sprachen innerhalb der großen malaio- polynesischen Sprachgruppe gestoßen. Daß sie dieser zuzurechnen seien, stand bereits außer Frage ; umstritten war ihr Charakter als Mischsprache, umstritten auch ihr Verhältnis zu den indonesischen und polynesischen Sprachen. Schmidt stellte nun folgende Thesen auf: 1. die melanesischen Sprachen sind keine Mischsprachen ; 2. die Possessivsuffixe der indonesischen, melanesischen und polynesischen Sprachen lassen sich auf die gemeinsame Ursprache zurückführen ; 3. die melanesische Art der Suffigierung [teils unmittelbar, teils mittelbar] ist die ältere : die malaiischen Sprachen entwickeln daraus nur die unmittelbare, die polynesischen die mittelbare Suffigierung ; 4. die melanesischen Sprachen stellen gegenüber den polynesischen eine frühere Stufe der Entwicklung dar ; 5. die melanesischen Sprachen der südlichen Salomonen stehen den polynesischen am nächsten und bilden den Übergang zu ihnen : auf den Südsalomonen fand die Abtrennung der Polynesier statt ; 6. die eigentlich melanesischen Sprachen der Torresstraße hängen mit denen der südlichen Salomoninseln (enger) zusammen ; die von Ray als melano-papuanisch bezeichneten Sprachen sind echte melanesische Sprachen von einem älteren Typus.
Die gleichen Thesen vertrat Schmidt auch in einem Vortrag vor der Anthropologischen Gesellschaft in Wien, der unter dem Titel ‘ Die sprachlichen Verhältnisse Oceaniens ‘ in den Mitteilungen der gleichen Gesellschaft erschienen ist (4). Hier schlägt er statt der bisher üblichen Benennung ‘ malaiopolynesisch ‘ den Ausdruck ‘ austronesisch ’ vor.
Beide Arbeiten sind in mehrfacher Hinsicht beachtenswert. Sie weisen bereits jene Eigenarten auf, die die Kritik auch an den späteren Arbeiten ihres Verfassers immer wieder hervorgehoben hat. Hier kommt hinzu, daß es sich um Anfängerarbeiten, und zwar die eines Autodidakten, handelt.4 So wird erklärlich, daß S. H. Ray in der Besprechung dieser Schrift 5 Schmidt darauf aufmerksam macht, daß seine Thesen z. T. bereits von Ray selbst vertreten worden sind.6 Auf die einzelnen Gedanken W. Schmidts eingehend, weist Ray zunächst mit Nachdruck auf das Vorhandensein von nichtmelanesischen Sprachen im melanesischen Raum, vor allem auf Neuguinea, hin, so daß sich von dorther die Möglichkeit von Mischsprachen nahelege. Zu der Hauptthese über die Entstehung der polynesischen Sprachen referiert Ray kommentarlos die von Schmidt vorgelegten Argumente. Ebenso verzichtet er auf eine Stellungnahme zu den Ausführungen Schmidts über die Stellung der melanesischen Sprachen von Britisch-Neuguinea und den anliegenden Inselgruppen. Der allzu summarischen Argumentation Schmidts stellt Ray konkrete Tatsachen gegenüber und verweist auf die Literatur. Er lehnt den Terminus ‘ austronesisch ‘ als irreführend ab und weist abschließend z. B. darauf hin, daß Schmidt von melanesischen Sprachen der Torresstraße spreche, wo er solche von Britisch-Neuguinea meine.
W. Schmidt kennt die Literatur nicht genügend, und das ist eine Hauptschwäche diese Arbeit. Er benutzt in der Hauptsache Werke von Codrington, Ray und Fr. Müller.7 Wichtige Arbeiten hat er übersehen. Dazu gehört H. C. von der Gabelentz, ‘ Die melanesisehen Sprachen ‘8 und vor allem H. Kern, ‘ De Fidjitaal ‘.9 Das Ignorieren der Arbeiten v. d. Gabelentz ist darum kaum verständlich, da in diesen ex professo die Stellung der melanesischen Sprachen behandelt wird ; das benutzte Material ist zwar ziemlich mangelhaft, doch sind die Probleme gestellt, und bereits 1860 konnte v. d. Gabelentz als Gesamtergebnis seiner melanesischen Forschungen feststellen, ‘ daß die melanesischen und polynesischen Sprachen mehr miteinander gemein haben, als aus einer bloßen Entlehnung der einen von den andern hervorgehen kann י(l. с. p. 266). — Noch auffallender ist die späte Entdeckung des magistralen werkes H. Kerns über die Sprache von Fidji. Dazu sagt Schmidt in einer Anmerkung : ‘ Die treffliche Arbeit H. Kerns . . ., die in mehreren Punkten mit diesem Theile meiner Abhandlung zusammentrifft, kam mir erst zu Gesicht, als ich denselben beendigt hatte. Ich habe mich gefreut, in vielen Punkten meine Aufstellungen durch die eines so angesehenen Gelehrten gestützt zu sehen. Indess habe ich in meiner Arbeit im Text nichts mehr verändert, sondern nur in den Noten beigefügt, was ich noch benützen konnte ‘ (p. 13).10
Eine größere Vertrautheit mit der Literatur und mit den Meistern im Fach hätte die Erstlingsschrift vielleicht auch vor anderen Schwächen bewahrt. Die weitausgreifenden Konstruktionen gehen über die Tragkraft der Argumente und des vorliegenden Materials hinaus, wie die Kritiken anderer und später Schmidts eigene Berichtigungen beweisen. In der Gedankenführung und Diktion zeigt er vielfach eine Sicherheit, die sich von der vorsichtigen Zurückhaltung bewährter Autoren unterscheidet ;11 die vielerlei Möglichkeiten sprachlicher Entwicklung überhaupt und speziell die Kompliziertheit der Verhältnisse in der Südsee werden viel zu wenig berücksichtigt.12
Wenn die Arbeit trotz ihrer offenkundigen Mängel starke Beachtung fand, so liegt darin jedenfalls die Anerkennung einer bedeutsamen Leistung. Schmidt selbst beansprucht die Priorität für den Nachweise einer sprachlichen Annäherung zwischen einigen melanesisehen Sprachen der Südsalomonen und den polynesischen und für die sich daraus ergebende Lösung der Frage nach der Entstehung der polynesischen Sprachen. Nun ist ein rassischer Zusammenhang zwischen diesen Gruppen nach H. v. d. Steinen13 eine der am längsten bekannten Tatsachen. Daß man daraufhin die Polynesier ihren Weg über die Salomonen nehmen ließ, lag nahe. Die Behauptung Friedericis, daß Ray schon vor Schmidt diese Zusammenhänge für die Linguistik dargetan habe,14 ließ sich nicht verifizieren. Man darf wohl annehmen, daß Ray in seiner Besprechung15 darauf aufmerksam gemacht hätte, da er es ja auch nicht unterließ, auf seine Vorarbeiten hinsichtlich der anderen Thesen Schmidts hinzuweisen. So bleibt der Anspruch Schmidts, als erster diese These vom sprachlichen Zusammenhang zwischen den Südsalomonen und Polynesien auf- gestellt zu haben, unbestritten.
Eine andere Frage ist freilich die, ob diese These heute noch zu halten ist. W. Schmidt hat wiederholt auf sie hingewiesen und sie bis zuletzt aufrechterhalten.16 Allerdings hat er später einzelne AufStellungen zurückgenommen, die zum Teil geringfügiger Art sind, zum anderen Teil jedoch zu wichtigen Konsequenzen führen. Während es z. B. im ‘ Verhältnis der melanesischen Sprachen ‘ heißt : ‘ Es unterliegt keinem Zweifel, daß hier au auf älteres aku zurückgeht ‘ (p. 14), schreibt er in der Besprechung von Fincks Arbeit ‘ Die samoanischen Personal- und Possessivpronomina’ (74) : ‘ Hinsichtlich der Erklärung dieser Form halte ich jetzt die Ansicht nicht mehr aufrecht, daß der Vokalanstoß das Überbleibsel des früheren к aus aku sei.”17 An einer anderen Stelle führt er als entscheidenden Beweis für den älteren Charakter der melanesischen Sprachen gegenüber den indonesischen die doppelte Art der Suffigierung der Possessiva an.18 Wenn später A. Thalheimer die gleiche Auffassung ausspricht, tritt ihm Schmidt entgegen,19 wobei er freilich zugibt, früher selber der gleichen ‘ aprioristischen Beweisführung ’ angehangen zu haben. — Noch folgenschwerer ist die Berichtigung, die sich in einer Fußnote in der Arbeit ‘ Mon-Khmer-Völker’ ( 29) findet. Es heißt dort zu der Feststellung, daß das austronesische Wort für ‘ Bogen ‘, panah, Entsprechungen in den austroasiatischen Sprachen hat : ‘ Durch diese jetzige richtige Deutung des polynesisehen fana, pana fällt die unrichtige Ableitung desselben von Sanskrit vana, die ich in den Mitt. d. Wiener Anthrop. Ges., Bd. XXIX (XIX), S. 252 versucht hatte ‘ (pp. 139-140). Mit dieser Berichtigung ist aber stillschweigend erklärt, daß auch die Möglichkeit einer Datierung der polynesischen Abwanderung aus dem indonesischen Raum entfällt, worauf er in dem genannten Vortrag großes Gewicht gelegt hatte. — Auch von anderen sind Richtigstellungen in Einzelheiten vorgenommen worden, und es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die Arbeit Schmidts heute einer eingehenden Überprüfung auf weiten Strecken nicht mehr standhalten würde.
Im ganzen wird man sagen müssen : einen überzeugenden Beweis hat Schmidt für seine These über die Entstehung der polynesischen Sprachen nicht erbracht. Ja, die Grundidee seines Beweisganges, daß sich nämlich unter den melanesischen Sprachen eine Gruppe findet, die in zahlreichen Einzelzügen der Eigenart der polynesischen Sprachen nahesteht und darum gleichsam ihr Quellgrund ist, ist mit gleichem Recht anwendbar auf Sprachen im indonesischen Raum,20 woraus sich die unmittelbare Entstehung dortselbst ergeben würde. Eine eingehende Widerlegung der Schmidtschen These ist nicht erfolgt. Bezeichnend dürfte aber sein, daß weder Ray in seinem Werk über die melanesischen Sprachen 21 noch Dempwolff in seiner Lautlehre des austronesischen Wortschatzes 22 die These Schmidts erwähnen, ja nicht einmal die Arbeit selbst nennen. Auch in der sonstigen Literatur wird sie zumeist nur noch als historische Ansicht erwähnt.
Schmidts Bemühungen sind trotzdem nicht ergebnislos gewesen. Er hat die Gedanken und Ergebnisse der englischen Autoren dem deutschen Sprachraum zugänglich gemacht und dabei, wie ihm selbst Friederici zugesteht, die Fragestellung und Beweisführung vertieft und erweitert. Wenn dabei noch keine allseits gesicherten Resultate erzielt wurden, so lag das in der Sache selbst, die bis heute noch kein abschließendes Wort gestattet.
Die starke Beachtung, die W. Schmidts Erstlingsarbeit gefunden hat, verdankt sie gewiß auch dem Umstand, daß sie an so hervorragender Stelle (Sitzungsberichte der Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien) veröffentlicht wurde. Auch trug die Sicherheit,23 mit der Schmidt seine Thesen vertrat, zu ihrer Verbreitung über die Fachkreise hinaus bei. Um die Wirkkraft beider Momente hat Schmidt sehr wohl gewußt und sie bei seinen weiteren Arbeiten eingesetzt. Er hat dafür gesorgt, daß seine Arbeiten in der Folgezeit in angesehenen Fachzeitschriften erschienen, zunächst in Wien, dann auch im Ausland. Schließlich stand ihm im ‘ Anthropos ‘ ein eigenes Publikationsorgan zur Verfügung. Entscheidend aber für W. Schmidts Ansehen bleibt die gewaltige Arbeitsleistung, die auch in der schnellen Aufeinanderfolge der Veröffentlichungen sichtbar wird. Es erschienen nacheinander : eine Literaturstudie über die Sprache der Mortlock-Insel (3), die Darbietung von neuem Material über die Valman-Sprache (5, 7), die Beschreibung der sprachlichen Verhältnisse eines größeren Gebietes, nämlich DeutschNeuguineas (6), die Monographie der Jabim-Sprache (8) und wiederholte Hinweise auf das Vorkommen von Papuasprachen (19,20). — Alle diese Arbeiten, soweit es sich nicht um reine Materialdarbietungen handelt, sind heute überholt. Sie haben zu ihrer Zeit ihren Zweck erfüllt, selbst dadurch, daß sie zu scharfer Kritik Anlaß gaben.
W. Schmidt hat also im deutschen Sprachraum das Interesse an den linguistischen Verhältnissen der Südsee gefördert und selbst zu ihrer besseren Erkenntnis beigetragen. Wertvoll ist dabei vor allem das neu gebotene Material, das auf seine Anregung hin von den Missionaren gesammelt und veröffentlicht wurde.
II. Die Stellung der Mon-Khmer-Völker
Als die eigentliche linguistische Großtat24 W. Schmidts wird vielfach die Aufstellung der austrischen Sprachfamilie angesehen, wie sie in seiner Arbeit ‘ Die Mon-Khmer-Völker, ein Bindeglied zwischen Völkern Zentralasiens und Austronesiens ‘ (29) 25 dargelegt ist. Der Verfasser selbst hat diesem verhältnismäßig wenige Seiten umfassenden Werk die größte Bedeutung beigemessen : ‘ Nun wurde aber auch von W. Schmidt in seinem Werk ‘ Die Mon-Khmer- Völker ‘ der innere Zusammenhang der austronesischen mit den austroasiatischen Sprachen dargetan. Die neue große Sprachfamilie, die sich damit bildete, und die dem räumlichen Umfang ihres Gebietes nach die größte aller bisher festgestellten Spracheinheiten ist, wurde von W. Schmidt als ‘ austrische Sprachen ‘ bezeichnet ‘.26 Auch aus anderen Äußerungen Schmidts geht hervor, wie hoch er diese seine Leistung bewertete ; legte er doch darin das Endresultat der mühevollen und unverdrossenen Kleinarbeit langer Jahre vor.
Bereits bei seinem ersten Werk war er auf die Schlüsselstellung der Mon-Khmer-Sprachen aufmerksam geworden,27 und seitdem scheint sein Interesse daran immer wach geblieben zu sein. In drei größeren Vorarbeiten suchte er zielstrebig und systematisch die Stellung dieser Sprachgruppe im hinterindischen Raum zu klären. Die Themen fand er bei E. Kuhn, der in seinen ‘ Beiträgen zur Sprachenkunde Hinterindiens ‘ geschrieben hatte : ‘ Viel bedeutsamer als diese Berührung mit dem Annamitischen sind die unleugbaren Beziehungen unseres monosyllabischen Khasi-Mon-Khmer-Stammes mit den Kolh-Sprachen, dem Nancowry und den Dialecten der Urbewohner Malaccas. Unerlaubt wäre es, daraus sofort eine Urverwandtschaft mit diesen z. Th. hervorragend polysyllabischen Sprachen ableiten zu wollen.’ 28
Die erste Untersuchung widmete W. Schmidt den Dialekten der Ureinwohner Malakkas : ‘ Die Sprachen der Sakei und Semang auf Malacca und ihr Verhältnis zu den Mon-Khmēr-Sprachen ‘ (9). Er stellt fest, daß die Sprachen der Sakei und Semang den Mon-Khmer- Sprachen ‘ innerlich verwandt und als ein Glied dieser Gruppe zu betrachten ‘ seien (p. 183) ; die Sprachen der Semang weisen gegenüber denen der Sakei Besonderheiten auf, die vielleicht als Überbleibsel einer den Semang ursprünglich eigenen NegritoSprache verstanden werden können. Die Arbeit fand in С. O. Blagden einen kompetenten und wohlwollenden Kritiker. In einer vierzig Seiten umfassenden Zuschrift29 bringt er zahlreiche Korrekturen an,30 doch hindert ihn das nicht, später in seiner eigenen umfassenden Darstellung der Sprachen der Primitivstämme von Malakka der Arbeit Schmidts hohes Lob zu spenden und ihr nachzurühmen, daß dieser ‘ excellent article for the first time established on purely linguistic grounds the existence of a Semang group distinct from the Sakai group ’.31 Auch für Schmidts spätere Mon-Khmer-Forschungen findet er anerkennende Worte.32
Ein nächster Schritt war die Untersuchung der Mon-Khmer- Sprachen selbst. Diese Arbeiten ernteten weniger Beifall. W.Schmidt hatte, um das Verhältnis der Sprachen der Sakai und Semang zu den Mon-Khmer-Sprachen zu bestimmen, diese letzteren bereits in ihren Grundzügen darstellen müssen ; er tat es, gestützt auf die von Kuhn benutzte Literatur und in Anwendung des (leicht modifizierten) Transkriptionssystems von Fr. Müller.33 Bei dem lückenhaften Material war die Darstellung ziemlich skizzenhaft geblieben, so daß Schmidt sich ‘ eine ausführliche Darlegung für später ‘ vorbehielt.34 Dieses Versprechen bezog sich zwar ausdrücklich auf die ‘ Wortbildung ‘, doch da gerade diese bei der Frage nach der Stellung der Mon-Khmer-Sprachen die ausschlaggebende Rolle spielt, wird mit einer ausführlichen Darstellung der Wortbildung (d. h. des Affixsystems) das Kernstück dieser Sprachen erfaßt. Nun muß es auffallen, daß der Verfasser nicht unmittelbar die Wort- bildung aufgreift, sondern die ‘ Grundzüge einer Lautlehre der Mon-Khmer-Sprachen ‘ (21) 35 darlegt, um ‘ eine gesicherte Grundlage für eine eingehendere wissenschaftliche Durchforschung der Mon-Khmer-Sprachen zu bieten ‘ (p. 1). Aber auch hier beschränkt er sich noch auf die Wortstämme und läßt die Lautverhältnisse der Prä- und Infixe ‘ zum größten Teil ‘ beiseite ; diese seien noch nicht hinreichend geklärt, da mit ihnen ein Lautwandel verbunden ist, der zugleich Bedeutungsfunktionen habe. Eine weitere Einschränkung betrifft noch die Auswahl der behandelten Sprachen : ‘. . . das Hauptgewicht der ganzen Untersuchung fällt auf die beiden Sprachen Mon und Khmer י (neben Bahnar und Stieng). Sie bieten den Vorteil, daß sie eine alte Literatur besitzen, die den Entwicklungsverlauf dieser Sprachen leichter erkennen läßt.36
An dieser Stelle setzt nun die Kritik, vornehmlich französischer Gelehrter, an. Sie betrifft die von W. Schmidt gewählte Transkription der einheimischen Texte. In einer Darlegung der diesbezüglich zwischen L. Finot und W. Schmidt ausgetragenen Kontroverse kommt G. Coedès37 zu dem Schluß, daß die von Schmidt angewandte Transkription des Khmer gänzlich die epigraphischen Denkmäler und damit die älteste faßbare Sprachform beiseite läßt. ‘ Ainsi nous prenons la transcription adoptée par M. S. en flagrant délit d’erreur. Que, dans certains cas, elle permette d’atteindre un état phonétique, cela est fort vraisemblable, mais elle garde néanmoins un caractère hasardeux, hypothétique, qui convient mal à un travail scientifique.’ Coedès anerkennt dann freilich auch, י que l’ouvrage de M. S. est d’une importance considérable par la somme de matéri- aux amassés et élaborés et que M. S. est arrivé dans beaucoup de cas à en extraire des lois phonétiques dont il faudra désormais tenir compte.’
Auch die dritte Arbeit, י Grundzüge einer Lautlehre der KhasiSprache ‘ (18), beschränkt sich auf die Darstellung der Lautverhältnisse und führt zu dem Resultat : ‘ Das Khasi ist sämtlichen Mon-Khmer-Sprachen gegenüber als ein selbständiges Glied zu betrachten ‘ (p. 760) ; י es schließt sich noch am nächsten denjenigen Sprachen an, denen es auch räumlich am nächsten steht, den Wa-, Riang- und Palaung-Sprachen ‘ (ib.). Für diese Arbeit ist die Mitarbeit der Salvatorianer-Missionare, namentlich des P. Corbinian Bohnheim, bemerkenswert. In einer Zuschrift unterzog er Schmidts Aufsatz über ‘ Die Quantität der Vokale im Khasi’ (16) einer gründlichen Kritik und lieferte dabei so viel neues Material, daß sich der Verfasser genötigt sah, seine Aufstellungen stark zu revidieren und die aufgestellten Gesetze zum großen Teil neu zu formulieren.
Die gewaltige Arbeitsleistung der drei genannten Veröffentlichungen galt ursprünglich dem Ziel, die zentrale Stellung der Mon-Khmer- Sprachen zu erweisen. Bereits 1903 konnte Schmidt feststellen : ‘ Damit erscheinen die Mon-Khmer-Sprachen als das Bindeglied zwischen dem austronesischen Sprachgebiete und dem der KolhSprachen oder, geographisch ausgedrückt, zwischen einem Gebiete, das in seiner äußersten östlichen Spitze, der Osterinsel, bis nahe an den südamerikanischen Kontinent heranreicht, und einem anderen, das nahezu im Herzen von Asien sich ausbreitet.38 Er begann in der Absicht, den umfassenden sprachlichen Nachweis einer inneren Verwandtschaft für jenes Teilgebiet zu erbringen,39 das er später das austroasiatische nennen wird, dessen Zusammengehörigkeit jedoch bereits von anderen dargetan worden war. Am Ende dieser Etappe muß sich W. Schmidt eingestehen, daß er dieses Ziel nicht erreichen konnte : er hat sich auf die Darstellung der Lautverhältnisse beschränken müssen. Daraus gewinnt er aber doch eine sichere Grundlage für weitere Arbeiten : Lautgesetze, die wichtig für die genetischen Zusammenhänge der in Frage stehenden Sprachen sind. Und darüber hinaus: er hat sich durch seine Studien legitimiert 40 für die Arbeit, die er nun der Öffentlichkeit vorlegt : ‘ Die Mon- Khmer-Völker, ein Bindeglied zwischen Völkern Zentralasiens und Austronesiens’ (29). 41
In knapper, klarer Form entwickelt Schmidt seinen Gedankengang. Er legt dar : die sprachlichen Beziehungen der austroasiatischen Völker untereinander, die anthropologischen Verhältnisse dieser Völker, die Beziehungen der austroasiatischen Sprachen zu den austronesischen, Spuren eines früheren Entwicklungszustandes der austroasiatischen und austronesischen Sprachen ; daran schließt sich wiederum eine kurze Darlegung der anthropologischen Verhält- nisse der austronesischen Völker an. In einem Anhang folgen auf fünfzig Seiten ‘ Wortgleichungen ‘ in drei Abschnitten : 1. zwischen Nikobar einerseits und Mon-Khmer-Sprachen andererseits ; 2. zwischen Santali einerseits und Mon-Khmer, Khasi, Nikobar andererseits ; 3. zwischen den austronesischen und austroasiatischen Sprachen.
Der Schwerpunkt liegt im Kapitel IV, das ‘ die Beziehungen der austroasiatischen Sprachen zu den austronesischen י darlegt. Als Beweise für die ‘sprachliche innere Verwandtschaft’ werden aufgeführt (p. 36) : 1. die völlige Gleichheit des Lautsystems ; 2. die völlige ursprüngliche Einheit des Wortbaues ; 3. mehrere wichtige und auffällige Punkte der Grammatik : a) Nachstellung des Genitivs, b) Anfügung und teilweise auch Form des Possessivums, c) Vorkommen einer exklusiven und inklusiven Form der 1. Pers. Plur. des Personalpronomens, d) Vorkommen eines Duals und Trials ; 4. die weitgehende Ubereinstimmung des Wortschatzes. Zu 3 a) und d) macht Schmidt ausdrücklich die Einschränkung : ‘ in mehreren dieser Sprachen ‘. Aber auch andere Punkte sind nicht frei von Ausnahmen.
Dieses vierte Kapitel leitet der Verfasser mit den Worten ein : ‘ Nachdem ich so das Bestehen dieser (d. h. der austroasiatischen) großen sprachlichen und vielleicht auch anthropologischen Einheit vorgeführt, ist es meine Absicht und das eigentliche Ziel dieser Arbeit, diese große Sprachen- und Völkergruppe mit der noch weiter ausgebreiteten Gruppe der austronesischen Sprachen und Völker zusammenzubringen und zu zeigen, daß beide Gruppen durch innere Verwandtschaft zu einer noch größeren umfassenden Einheit zusammengehören ‘ (p. 35). Aus diesen Worten, die noch durch teilweise Sperrung hervorgehoben sind, ist vielfach der Anspruch Schmidts auf die Entdeckerschaft der ‘ austrischen ‘ Sprachfamilie herausgelesen worden.41a Im Gegensatz dazu haben andere ihm nur zugestanden, für die von älteren Autoren erarbeiteten Zusammenhänge die Termini geprägt zu haben ;42 gegen diese Ansicht hat sich Schmidt mit Recht gewehrt.43
Daß Schmidt nicht der Entdecker dieser großen Spracheneinheit ist, kann keinem zweifelhaft sein, der seine Ausführungen, vor allem aber die von ihm benutzte Literatur, aufmerksam liest. J. R. Logan ist der erste gewesen, der sie sprachlichen Zusammenhänge in einer kühnen Hypothese umrissen und dieser sprachlichen Einheit den Namen Mon-Annam gegeben hat.44 Er blieb jedoch den wissenschaftlichen Beweis schuldig. Die grandiose Konzeption war nicht in ihrer ganzen Ausdehnung zu halten. A. H. Keane stellte die Existenz einer Mon-Annam-Familie in Abrede,45 verband aber das Khmer eng mit den indonesischen Sprachen. W. Schmidt erkennt der Ansicht Keanes ‘ einen richtigen Kern ’ zu (p. 3), den er dann aber durch eine unglückliche Verbindung mit den kaukasischen Sprachen noch verdeckt habe. Auch seien die Beweise für Keanes Ansicht nur in ungenügender Weise erbracht. Damit ist aber von Schmidt selbst gesagt, daß eine Verwandtschaft bereits festgestellt wurde und daß Beweise dafür erbracht worden sind. Schmidts Stellung läßt sich daher so kennzeichnen, daß er die Hypothese Logans mit Argumenten Keanes gestützt hat, die er selbst vermehrte und verstärkte.
Aus der Arbeit Keanes ist ersichtlich, wie schon seit langem die Beziehungen zwischen den hinterindischen und ozeanischen Sprachen diskutiert, und welche Argumente auf beiden Seiten beigebracht wurden. Er zog die Vergleiche zwar nicht zwischen den Gesamtgruppen, die als solche ja auch noch nicht scharf umrissen waren, sondern zwischen Einzelsprachen. Aber hier finden sich z. T. bereits jene Argumente, die später auch Schmidt heranzieht. Genannt werden u. a. aus der Grammatik die Nachstellung des Adjektivs, die zahlreichen Pronomina, die oft nach Form und Bedeutung übereinstimmen, das Zahlensystem und nicht zuletzt die zahlreichen Übereinstimmungen im Wortschatz. Vor allem aber weist Keane auf eine Eigentümlichkeit hin, die allein schon den gemeinsamen Ursprung des Khmer und der indonesischen Sprachen nahelegte : den Gebrauch der gleichen Infixe im Khmer, Malaiischen, Javanischen, Tagalischen und Madagassischen, sowie anderen Sprachen dieser Gruppe (pp. 271-275). Keane nennt in diesem Zusammenhang den französischen Missionar M. C. Fontaine,46 der als einer der ersten aufmerksam wurde auf die engen Beziehungen zwischen dem Khmer und dem Malaiischen, ‘ dont le génie grammatical est identiquement le même 47,’ und bestätigt aus seiner eigenen Arbeit diese Aussage : ‘ A careful study of Aymonnier’s Khmer notes fully bears out this statement, and places beyond all doubt the identical grammatical structure of the Cambodjan and Malayan languages ‘ (p. 271 f.)
Ist W. Schmidt somit nicht als der eigentliche Entdecker der austrischen Sprachfamilie anzusehen, so ist sein Verdienst um die Feststellung dieser räumlich größten Spracheinheit doch nicht gering. Den ‘ richtigen Kern , den er von anderen übernahm, hat er zur Entfaltung und Entwicklung gebracht, hat (wie es schon bei den melanesischen Sprachen von ihm hieß) die Fragestellung und die Beweisführung vertieft und erweitert, hat in jahrelangem Bemühen geduldige Kleinarbeit geleistet, hat die Probleme scharf umrissen und klar dargestellt, geschickt die oft gegensätzlichen Ansichten der Autoren aufeinander abgestimmt und schließlich eine passende Terminologie geprägt, die seinen Namen mit der austrischen Sprachfamilie verknüpft hat.
Zu welchen bleibenden Resultaten hat nun aber diese gewaltige Arbeitsleistung W. Schmidts geführt ? Von Anfang an waren die Kritiker geteilter Meinung. Während z. B. H. Kern sich im ganzen sehr zustimmend äußerte,48 urteilte S. H. Ray zurückhaltender.49 Eine ähnlich abwartende Stellung nimmt J. C. G. Jonker ein.50 Er betont die Notwendigkeit eingehender Einzelforschung, und daß es für solch weitgespannte Beziehungen wirklich solider Fundamente bedürfe. Mit dem Nachweis tatsächlicher Übereinstimmungen seien die Ursachen dafür längst noch nicht eindeutig dargetan.
Auch die Einzelforschung ist nicht immer den Auffassungen Schmidts günstig gewesen. So zweifelt G. Maspéro in seiner ‘Grammaire de la langue Khmère י 51 die Zugehörigkeit der MalakkaSprachen, des Nikobar, des Khasi und der Munda-Sprachen zur austroasiatischen Sprachfamilie an. Schmidt hält die Zweifel für unbegründet und stellt den Nachweis dafür in Aussicht ;52 er ist aber darauf nicht mehr zurückgekommen.
Er erbrachte auch keinen neuen Nachweis in der scharfen Auseinandersetzung mit W. F. von Hevesy, der die Zugehörigkeit der Munda-Sprachen zu den austroasiatischen Sprachen und damit zur austrischen Sprachfamilie bestritten hatte. In der entscheidenden Stellungnahme53 wiederholt Schmidt lediglich die bereits 1906 vorgebrachten Argumente und begnügt sich mit der Feststellung, daß diese (mit Ausnahme der Einheit des Wortschatzes) von Hevesy nicht bestritten worden seien.
Die Tragkraft der Argumente hingegen griff Th. A. Sebeok einige Jahre später an.54 Auch hier ist es zunächst die Begründung für die austroasiatische Gruppe, die in Frage gestellt wird. So sehr man den Bedenken Sebeoks gegen die einzelnen Beweise Schmidts zustimmen kann, zumal dann, wenn sie mit dessen eigenen Worten geführt werden,55 so schwächt er ihre Wirkkraft durch allzu summarische und teilweise ungenaue Wiedergabe der Schmidtschen Gedanken ab.56 Seine Absicht hat er aber wohl erreicht : er fordert mit Recht neue Beweisgründe für eine nicht genügend erwiesene (aber auch nicht ausdrücklich widerlegte) Hypothese, oder aber eine neue Theorie, die den bekannten Tatsachen besser gerecht wird. Eine solche Theorie ist bis heute nicht aufgestellt worden. Bezeichnend dafür dürfte die Stellungnahme des großen Werkes ‘ Les Langues du monde ’ sein. In der ersten Auflage (Paris 1924) hatte J. Przyluski von der ‘ austrischen י Theorie Schmidts geschrieben : ‘ Cette construction est grandiose ; elle est encore assez fragile. Il se peut que les recherches ultérieures confirment les idées du P. Schmidt. Il convient actuellement de ne les point admettre sans réserve ‘ (p. 385), aber sie trotzdem seiner eigenen Darstellung zugrunde gelegt. In der zweiten Auflage (1953) heißt es nun : ‘ W. Schmidt a tenté la constitution d’une famille “austrique”, comprenant d’un côté les langues mon-khmer, le cham, le javanais, le malais et, plus loin, d’une part vers l’Est les langues mélanésiennes et polynésiennes, de l’autre vers l’Ouest le petit groupe khan-wa-palaung de Birmanie et d’Assam et jusque dans l’ lnde la petite famille des langues mounda (reconnue d’abord par Max Müller). Sans que cette conception soit niée formellement, et tout en admettant des connexions qui ne sont peut-être pas précisément de parenté en sens strict, des auteurs pos- térieurs se sont efforcés de n’admettre que les groupements les mieux établis ‘ (pp. 527-528). In der dann folgenden Anordnung, bei der die Mon-Khmer- und Munda-Sprachen zu den Sprachen SüdostAsiens gestellt und damit von den ‘ malaio-polynesischen ‘ (!) getrennt werden, spricht sich hinlänglich die Distanz von der Schmidtschen Konzeption aus. Hinzu kommt die Trennung der melanesischen Sprachen von den ‘ malaio-polynesischen ‘, die wiederum nur die indonesischen und polynesischen umfassen.
Ist nun das, was W. Schmidt geleistet hat, damit hinfällig geworden ? Nein : ‘ Die Mon-Khmer-Völker, ein Bindeglied zwischen Völkern Zentralasiens und Austronesiens ‘ und die dazu führenden Vorarbeiten bleiben bestehen als ein Versuch, in großartiger Über schau ein weites Sprachgebiet zu ordnen. ‘ Es ist ‘, so sagt der Verfasser selbst,57 ‘ unausbleiblich, daß es dabei, besonders anfänglich, nicht ohne ein gewisses Umhertasten und direkte Fehlgriffe abgeht, besonders in der Umgehung des methodischen Grundsatzes, daß man nicht näherverwandte Glieder vor den entfernteren überspringe ‘. Falsch ist es freilich auch, und von diesem Fehler hat sich Schmidt nicht ganz freigehalten, an einem vorläufigen Resultat festzuhalten, vor allem dann, wenn gewichtige Gegengründe eine Uberprüfung notwendig machen. Geblieben Ist schließlich, wenn auch nicht in dem erhofften Umfang, die Terminologie der neubegründeten sprachlichen Einheiten, auf die man ungern verzichtet, solange sie nicht durch neue Erkenntnisse überholt sind.58
III. Die Gliederung der australischen Sprachen
Als eine gewaltige Leistung W. Schmidts von bleibendem Wert müssen seine Arbeiten über die australischen Sprachen angesehen werden. Das Hauptwerk trägt den Titel ‘ Die Gliederung der australischen Sprachen’ (278).59 Als Anhang dazu kann die in den Denkschriften der Akademie der Wissenschaften in Wien erschienene Arbeit über ‘ Die Personalpronomina in den australischen Sprachen ‘ (280) 60 gelten. Hinzu kommen einige kleinere Veröffentlichungen, von denen ein kurzer Artikel, ‘ On the Classification of Australian Languages י (66) ,61 die wichtigste ist.
Die große Leistung liegt darin, daß hier in einer ‘ ersten umfassenden und eindringenden Untersuchung des gesamten australischen Sprachmaterials’ (W. Schmidt)62 ein vorläufiges Schema für die australische Sprachforschung und eine gegliederte Sichtung des bis dahin so verworrenen Materials geboten wird. Das hat die Kritik vorbehaltlos anerkannt. O. Dempwolff urteilt 1922 : ‘ Aber trotz inhaltlicher und formaler Mängel haben diese Bücher hohen bleibenden Wert : durch sie wird das Gebiet der australischen Sprachen auf seine erste sichere Grundlage gestellt, und auch die allgemeine Sprachwissenschaft kann an den hier bearbeiteten Problemen nicht mehr vorübergehen י 63; י enso spricht sich A. Meillet bei allen Vorbehalten im Grunde anerkennend aus : ‘ En somme, il faut remercier le P. Schmidt d’avoir eu le courage d’ouvrir les voies, souhaiter qu’il soit suivi et, avant tout, organiser des enquêtes méthodiques sur les divers parlers australiens.’64 Auch Männer der praktischen und theoretischen Forschung sehen in der von Schmidt durchgeführten Gliederung der australischen Sprachen eine noch immer brauchbare Arbeitshypothese, die zwar in Einzelheiten verbessert und ergänzt, aber in ihren Grundzügen noch durch keine bessere ersetzt worden ist.65
Es lag in der Natur der Sache (Schmidt selbst hat das klar ausgesprechen66), daß eine endgültig abschließende Darstellung noch nicht möglich war. Allerdings muß dann die Zuversicht überraschen, mit der er bereits bei seinem ersten Versuch erklären konnte : ‘As I have not completely finished my researches, the above statements are of a somewhat provisional character, but I trust that in their principal features they will hold good, and that any corrections that may be made subsequently will be only of a secondary nature.‘ 67 Einer ähnlichen Erklärung aus späterer Zeit fügt er hinzu : ‘ Noch weniger werden neue Sprachen oder gar neue Sprachgruppen aufzudecken sein, außer freilich im gesamten Norden, wo das vorhan- dene Material noch sehr lückenhaft ist. ‘ 68 Inzwischen hat die Forschung sehr viel neues Material, auch von bisher unbekannten Sprachen aus dem Norden und dem Süden, beigebracht.69 Dazu hat C. Loukotka in ‘ Supplementary Notes to the Classification of Australian Aboriginal Languages70 die von Schmidt nicht verwertete, jedoch damals schon vorhandene Literatur, sowie die später erschienene nachgetragen und die darin erwähnten Sprachen und Sprachgruppen aufgezählt.71 Gemessen an dem von Schmidt herangezogenen Material sind freilich diese Ergänzungen, soweit sie sich bis zu Schmidts Werk erstrecken, geringfügig. Was jedoch seither an neuem sprachlichen Material, auch von unbekannten Sprachen, beigebracht werden konnte, geht über das von Schmidt Erwartete weit hinaus. Daß in einem solch reichen Werk manche Einzelfehler unterlaufen, ist verständlich, vor allem, wenn man die ungünstigen Zeitumstände in Betracht zieht, unter denen es erschien. Schmidt selbst hat um diese Mängel gewußt, und es wäre angesichts der geleisteten Arbeit kleinlich, sie hier im einzelnen aufzuzählen.72
Wichtiger jedoch als alle Druckfehler, Auslassungen, Flüchtigkeiten, Widersprüche und andere ‘ Inkonsistenzen ‘ (wie er sich ausdrückt) ist ein Bedenken, das den linguistischen Charakter der Arbeit als solchen in Frage stellt : bei aller Anerkennung und praktischen Verwendbarkeit der Resultate wird an der von Schmidt angewandten Methode Kritik geübt. Es handelt sich, so sagt man, bei diesem Werk gar nicht in erster Linie um eine linguistische Arbeit, sondern um die des Kulturhistorisch interessierten Ethnologen, der die Linguistik als Mittel zum Erweis der von F. Graebner aufgestellten (und von Schmidt ergänzten und verbesserten) KulturSchichtung in Australien benutzte.73 Gegen diesen Einwurf hat sich der Verfasser nachdrücklich gewehrt und festgestellt : ‘ Die Schmidt- sehe Untersuchung beruht nur auf linguistischen Tatsachen und zieht die kulturhistorischen Tatsachen erst nach der vollen Auswertung der ersteren heran’.74 Zudem hat er wiederholt — zuerst in einem Vortrag 1911 in Heilbronn֊75 ____auf die lange Zeitspanne hingewiesen, in der er sich mit den australischen Sprachen befaßt habe ; offenbar in der Absicht darzutun, daß er als Linguist an die Probleme der australischen Völkerkunde herangetreten sei. Ausdrücklich sagt er dann in dem Aufsatz über die Aranda (70) : ‘ Meine selbständigen Untersuchungen begannen auf sprachlichem Gebiet.’76
Diese Äußerungen Schmidts finden freilich in seinen Veröffentlichungen 77 keine Stütze ; diese sprechen viel mehr dafür, daß 1. eine eingehende Beschäftigung mit den australischen Sprachen vor 1908 nachweisbar ist, daß 2. eine Arbeit, in der für die Gliederung der australischen Sprachen ausschließlich linguistische Argumente vorgebracht werden, nicht vorliegt,78 daß 3. die linguistischen Argumente, für sich genommen, für so weittragende Folgerungen nicht ausreichen.
ad 1. An sich ist es für die Frage nach dem linguistischen Charakter seiner Beweisführung belanglos, seit wann Schmidt sich mit den australischen Sprachen beschäftigt hat. Daß er das australische Problem von seinem Fache aus, d. h. der Linguistik, anging, war das Gegebene, nachdem er sich auf dem Gebiete der SüdseeSprachen einen Namen gemacht hatte. Tatsache aber ist, daß seine erste Veröffentlichung über Australien nicht auf dem Gebiet der Linguistik liegt. Es ist das der Aufsatz über ‘ Die Stellung der Aranda unter den australischen Stämmen’ (70) . Obwohl er fast gleichzeitig mit dem Artikel ‘ On the Classification of Australian Languages י (66) erschien, deutet in dem Aranda-Aufsatz nichts darauf hin, daß Schmidt bei seiner Abfassung an einer Gliederung der austra- lischen Sprachen arbeitete. Die wenigen darin enthaltenen Sätze über die linguistische Stellung der Aranda geben eigentlich nur das wieder, was S. H. Ray in Bd. III der ‘ Reports of the Cambridge Anthropological Expedition to Torres Straits’ ausgesagt hatte. Dieses Buch war von Schmidt im Jahre 1907 sowohl im “Anthropos” (57) als auch im “Man” (58) besprochen worden, wobei er sich ganz den Auffassungen Rays anschloß. Während er es sonst kaum je unterläßt, gerade in Besprechungen seine eigenen Ansichten deutlich darzutun, bezieht er sich hier überhaupt nicht auf eigene Untersuchungen, stimmt vielmehr noch der Ansicht Rays von der Einheitlichkeit der australischen Sprachen widerspruchslos zu, einer Ansicht, deren Widerlegung er ein Jahr später als das eigentliche Resultat seiner Forschungen ansah.79
Was Schmidt dann in den nächsten Jahren über Australien veröffentlichte, galt zunächst den Fragen der Soziologie und Religions Wissenschaft. Es erschienen ‘ Die soziologische und religiösethische Gruppierung der australischen Stämme’ (100) im Jahre 1909, im gleichen Jahr im “Anthropos” eine Replik zu A. Langs Aufsatz ‘ On the Sociological Development of the Tribes of Australia ‘ (102), und 1910 zwei Aufsätze im “Globus “: ‘ Der angebliche universale Heiratstotemismus der südostaustralischen Stämme und einiges andere ‘ (127) und ‘ Die soziologischen Verhältnisse der südostaustralischen Stämme” (134), in denen er sich mit F. Graebner auseinandersetzt. Die Linguistik spielt in all diesen Arbeiten kaum eine Rolle. Erst im Jahre 1911 greift Schmidt wieder auf sie zurück, indem er auf der gemeinsamen Tagung der Deutschen und der Wiener Anthropologischen Gesellschaften zu Heilbronn das Thema behandelt : י Gliederung der australischen Sprachen und ihre beziehung zu der Gliederung der übrigen Kulturverhältnisse‘.80
Aus all dem geht wohl klar hervor, daß Schmidts vornehmstes Interesse in jenen Jahren kulturhistorischen Problemen galt und die linguistische Fragestellung stark in den Hintergrund getreten war. So wird es verständlich, daß in den nun wieder einsetzenden linguistischen Arbeiten, angefangen von dem erwähnten Vortrag, auch die soziologischen Verhältnisse eine starke Berücksichtigung erfuhren. Als Grund dafür läßt sich vielleicht vermuten, daß die soziologischen Verhältnisse eine Gruppierungsmöglichkeit boten, die er in der verwirrenden Fülle der Sprachen vergeblich gesucht hatte. Damit ist aber die Erklärung Schmidts, daß seine Untersuchungen zur Gliederung der australischen Sprachen “nur auf den linguistischen Tatsachen beruhen”, nicht widerlegt. Das wäre nur dann der Fall, wenn die kulturhistorische Gruppierung bei den linguistischen Forschungen nicht nur ein heuristisches Prinzip, sondern bereits ein fertiges Schema für die sprachliche Gliederung böte.80a
ad 2 : In dem bereits erwähnten Artikel ‘ On the Classification of Australian Languages ‘ (66)81 wird die Gesamtheit der australischen Sprachen in zwei große Gruppen geteilt : eine Nord- und eine Südgruppe. Der Unterschied zwischen diesen beiden Gruppen liegt in der relativen Einheitlichkeit der letzteren, zu der die Sprachen der Nordgruppe keine Beziehung haben, wie sie auch untereinander nicht zu verbinden sind. Von diesen wird außerdem gesagt, daß sie wegen ihrer Zersplitterung wohl nicht ursprünglich australisch seien, da bei den geographischen Verhältnissen ihres Gebietes die Aufsplitterung schwer erklärlich sei. Diese weise vielmehr auf die nördlich gelegenen Papua-Sprachen hin. Es fehle den Nordsprachen auch in vielen Fällen die Unterscheidung einer inklusiven und exklusiven Form des Personalpronomens der l. Pers. Plur. Die Südsprachen werden auf Grund der Genitivstellung in zwei ungleiche Teile geordnet. Die kleinere Untergruppe mit nachgestelltem Genitiv ist die ältere (warum, wird nicht gesagt) ; es gehörten dazu alle Sprachen von Victoria, vielleicht auch das Narrinyeri. ‘ All the remaining languages belong to the first sub-group. I have established their relations by a comprehensive survey, but their main divisions are adequately shown if we take the word for “ear י as a basis, and subdivide further by using the words for “eye” and “nose ״ ‘ (p. 184). Mit diesem Einteilungsprinzip gelangt Schmidt zur Aufstellung von neun ‘ Familien ‘, von denen zwei noch einmal untergeteilt sind. Die neun Familien sind in zwei Abteilungen zusammengefaßt ; unter welcher Rücksicht das geschieht, wird nicht gesagt. Auch für die weitere Zusammenfassung von 1. und 2., 3. und 4., 7. und 8. zu größeren Einheiten fehlte die Begründung. Wohl heißt es, daß ‘ in vocabulary the whole of sub-group I is related to sub-group II, though its individual members have more in common than either the whole group or any of its members has with sub-group II ‘ (p. 185).
Mitten zwischen diesen rein linguistischen Kriterien findet sich nun auch ein Hinweis auf die soziologischen Verhältnisse : ‘ Thus in this sub-group (i.e., with postposition of the genitive) fall all patrilineal southern tribes, which practise neither circumcision nor subincision, together with certain matrilineal tribes of West Victoria ‘ (p. 184). Es mag dies zunächst als eine Bezugnahme auf E. M. Curr gedacht sein, der in seinem großen Werk82 nicht so sehr eine linguistische Gliederung der australischen Stämme bietet, als er vielmehr die Verbreitung der genannten Beschneidungspraktiken feststellen will. Näher liegt aber die Annahme, daß hier das soziologische Interesse Schmidts bereits durchbricht, wie auch die Neigung, sich bei den linguistischen Untersuchungen von der soziologischen Gliederung leiten zu lassen.
Das tritt ganz deutlich zutage in seinem Hauptwerk ‘ Die Gliederung der australischen Sprachen ‘.83 Zu beachten ist hier freilich, daß es, von einer scheinbar einheitlichen Disposition zusammengehalten, in drei ihrem Entstehen und ihrer Zielsetzung nach ganz verschiedene Teile zerfällt. Der erste ist der in Heilbronn 1911 gehaltene Vortrag ; er nimmt die ersten 22 Seiten ein unter der Überschrift ‘ Die Beziehungen der linguistischen Gliederung der australischen Stämme zu der Gliederung ihrer soziologischen Systeme ‘. Wie der Titel besagt und wie Schmidt im Vorwort 1919 ausdrücklich hervorhebt, setzt er den eigentlichen Hauptteil, ‘ Die linguistische Gliederung der australischen Stämme ‘ (pp. 23-217), voraus. Der dritte Teil (pp. 218-287) bringt eine ‘ Zusammenfassende Vergleichung der australischen Sprachen ‘, die noch einmal die linguistische Gliederung mit der kulturhistorischen in Kongruenz zu bringen sucht.
Für die Beurteilung der linguistischen Methode bei der Gliederung der australischen Sprachen kommt daher eigentlich nur der zweite Teil in Betracht, der, wie es im Vorwort heißt, bereits 1911 im wesentlichen abgeschlossen war. Hier begegnet man tatsächlich einer linguistischen Beweisführung, die sich hauptsächlich auf den Wortschatz stützt; die zahlreichen vergleichenden Wörterverzeichnisse zeigen das hinreichend klar. Auch die Lautverhältnisse werden herangezogen, d. h. der Vergleich der Anlaute und Auslaute, zuweilen auch der Inlaute ; aus der Grammatik, soweit Angaben darüber vorliegen, das Personal- und Possessivpronomen,84 auch das Zahlwort und Adjektiv, und beim Substantiv die Stellung des Genitivs.
Wenn sich also Schmidt in diesem Teil seiner Arbeit bei der Einordnung der einzelnen Sprachen und ihrer Zusammenfassung zu Sprachgruppen tatsächlich auf rein linguistische Kriterien beschränkt, so stellt sich bei der Mangelhaftigkeit des sprachlichen Materials doch häufig die Frage, wie sich die Zusammengehörigkeit einzelner Sprachen allein vom linguistischen Standpunkt aus ergeben kann. Sie ist kaum anders zu beantworten als dadurch, daß auch die geographische Lage und (unausgesprochen zwar) das Wissen um die soziologische (kulturhistorische) Gruppierung bestimmend im Hintergrund stehen. Zuweilen verrät sich ein solcher Einfiuß, wenn Schmidt z. B. definiert, daß ‘ zu den südaustralischen Sprachen alle diejenigen [gehören], welche Beeinflussungen von Seiten solcher Sprachen aufweisen, die von Stämmen mit Zweiklassensystem gesprochen werden . . . und deren vorzüglichstes Charakteristikum der durchgängig vokalische Auslaut und bestimmte Wortformen für die gewöhnlichen Körperteile sind ‘ (p. 26 f.), oder wenn er in den einleitenden Worten zur Narrinyeri-Gruppe auf die Mannigfaltigkeit der in Australien eingetretenen kulturellen Mischungsverhältnisse hinweist (p. 58). Die Darling-Sprachen zeigen so zahlreiche (sprachliche) Beziehungen zu der Narrinyeri-Gruppe, daß sie ‘ als ein Mischprodukt zu betrachten sind, das hervorgegangen ist aus einer Verbindung der älteren, ortsangesessenen NarrinyeriGruppe mit einer Untergruppe der jüngeren, eingewanderten Süd- Zentral-Gruppe ‘ (p. 45). Fragt man, auf welche linguistischen Kriterien hin diese Zusammenhänge aufgestellt werden, so findet sich die Antwort vielleicht in der dazugehörenden Anmerkung : ‘ Dadurch erhält auch meine Auffassung der Falken-Krähen-Mythen dieser Stämme — daß sie nämlich hervorgegangen seien aus einer Mischung von Sonnenmythen totemistischer Stämme wie der Narrinyeri und von Mondmythen der Stämme mit Zweiklassenkultur — eine neue Bestärkung‘ (ib.).
Mag sich daher die Beweisführung des zweiten Teiles der ‘ Gliederung ’ auch formell auf rein linguistische Tatsachen stützen : die beiden anderen Teile, nämlich der erste und dritte, zeigen deutlich den Hintergrund, auf dem die linguistischen Gedankengänge erst einsichtig werden. Die Zielsetzung dieser beiden Teile ist hinreichend klar ausgesprochen : es soll die Kongruenz erwiesen werden zwischen den Kulturschichten Graebners und den von Schmidt aufgestellten Sprachgruppen. Dabei gelangt Schmidt zu einem positiven Resultat. ‘ Es ist bemerkenswert, wie alle diese sprachlichen Verschiedenheiten auch mit den soziologischen Gruppierungen parallel gehen ‘ (p. 6), heißt es in einer allgemeinen Überschau über die Südsprachen ; die Gleichsetzung der einzelnen Sprachgruppen mit den Kulturschichten erfolgt dann auf den Seiten 10-17 : ‘. . . so tritt wohl klar genug zutage, in wie weitgehendem Maße die Ergebnisse meiner linguistischen Untersuchungen mit den soziologischen Aufstellungen Graebners zusammentreffen ‘ (p. 17). Bis in auffallende Einzelheiten gehen diese Übereinstimmungen : ‘ Das Gebiet deutlicheren und stärkeren Hervortretens des Geschlechstotemismus mit (kleinen) Vögeln fällt fast mathematisch genau zusammen mit der wichtigen Abgrenzung des Gebietes der Sprachen mit Genitiv-Nachstellung ‘ (p. 17). W. Schmidt begnügt sich aber nicht damit, die Kulturschichten und Sprachgruppen der Gegenwart miteinander in Deckung zu bringen, er will auch — und das ist vor allem das ausgesprochene Ziel des letzten Teiles seiner Gesamtarbeit — ‘ an die Abfolge des Nebeneinander gelangen, um ein Bild von der zeitlichen Aufeinanderfolge der einzelnen Sprachgruppen und ihres Entwicklungsverlaufes zu gewinnen’ (p. 218). Bereits 1911 hatte er solche geschichtlichen Vorgänge rekonstruiert : ‘ Die erste Einwanderung bildete Sprachen mit Genitivnachstellung and /- und r-Anlaut, zu einem Teil mit rein vokalischem, zum anderen Teil dazu auch mit (doppel) konsonantischem Auslaut. Bei dem jetzigen Stande unserer Kenntnisse ist die erstere Schicht nur in Tasmanien rein zu konstatieren, in Viktoria dagegen die zweite und Überbleibsel der ersteren, und in den östlich, wie nordöstlich angrenzenden Gebieten nur noch Überbleibsel der zweiten. Diese Schichten könnten gleichgesetzt werden mit der altaustralischen Kulturschicht85 Graebners ‘ (p. 10).
In aller Ausführlichkeit greift Schmidt im letzten Teil seines Gesamtwerkes diese Aufgabe noch einmal an, um die Aufstellungen des l. Teiles (Vortrag in Heilbronn von 1911) ‘ neu zu stützen . . . und nach verschiedenen Richtungen hin zu vertiefen und zu detaillieren ‘ (p. 218). Und zwar soll das offensichtlich nach linguistischen Gesichtspunkten geschehen : ‘ Wir werden unsere Untersuchungen auf drei Gebiete zu richten haben : die Zusammenhänge des allgemeinen Wortschatzes, die Zusammenhänge der Personal- und Interrogativpronomina, die Zusammenhänge der Grammatik ‘ (p. 219). Den Ausgangspunkt bilden dabei zumeist die soziologisehen und religiös-mythologischen Verhältnisse, d. h. praktisch die Kulturschichtungen, wie sie die Ethnologie herausgearbeitet hatte. Ein bezeichnendes Beispiel dafür ist folgendes : Nachdem aus soziologisch-religiösen Einrichtungen dargetan wurde, daß die (Turubul-)Wakka-Kabi-Stämme eine ähnliche Gruppe alttotemistischer Stämme wie die Narrinyeri-Stämme sind, heißt es weiter : ‘ Darauf wollen wir jetzt auch die Untersuchung und Abschätzung ihrer Sprachen einstellen. Unser Ziel müßte, rein theoretisch gesprochen, dabei sein, auch auf linguistischem Gebiete86 die Wakka-Kabi(-Turubul)-Gruppe so klar als eine von allen anderen geschiedene Gruppe darzustellen, daß die linguistischen Verhältnisse auch hier, den ethnologischen völlig parallel gehend, eine Bestätigung für sie ergäben ‘ (p. 245). Nicht immer ist das Zu- und Ineinander der beiden Fachgebiete so unmißverständlich gekennzeichnet, aber in der Tendenz ist es ständig vorhanden. Es wird auch nicht immer und unbedingt eine Übereinstimmung erzielt. So muß Schmidt in diesem Fall eingestehen, ‘ daß hier Schwierigkeiten vorliegen und der Parallelismus doch nicht in der Weise zutage treten will’‘ (p. 245). Aus dieser Lage aber ergibt sich : . . die gegenseitige 87 Beeinflussung und Ausgleichung bei den ursprünglich wohl, entsprechend ihren Kulturkreisen, radikal verschiedenen Sprachen und Sprachgruppen der Ostsprachen finden wir gegenwärtig so weit gediehen vor, daß wir sie wie eine klassifikatorische Einheit betrachten werden müssen ‘ (p. 249).
ad. 3 : Gegen eine derartige Konfrontierung der Resultate zweier Wissensgebiete ist an sich nichts einzuwenden ; unter der Voraussetzung allerdings, daß auf beiden Seiten sichere Forschungsergebnisse stehen. Es mag auch noch zugegeben werden, daß weniger fundierte Argumente des einen Fachgebietes durch Tatsachen, ja selbst Hypothesen, eines anderen gestützt werden. Bei aller gegenseitigen Hilfestellung dürfen jedoch die Grenzen nicht verwischt und die Methoden nicht so miteinander vermengt werden, daß die Eigenständigkeit der Wissenszweige nicht mehr erkennbar bleibt. Die Argumentation Schmidts ist nun dazu angetan, diesen Eindruck zu erwecken. Er traut seinen linguistischen Argumenten eine Tragkraft zu, die sie nicht besitzen und schwächt so die Durchsichtigkeit und damit die Überzeugungskraft seiner ganzen Konstruktion. Was ein Linguist von Rang dazu geäußert hat, ist beachtenswert : ‘ Les conclusions que le P. Schmidt tire des pronoms pour la répartition et l’histoire des populations australiennes semblent téméraires. Jamais sur des domaines mieux connus, on n’oserait, à beaucoup près, attribuer une valeur probante à des faits semblables. Qui sait combien il est difficile de prouver une action d’une langue sur une autre, en dehors de l’emprunt de mots, sera surpris du rôle que jouent les “influences” dans le travail du P. Schmidt, et le caractère vague de ces “influences” n’est pas fait non plus pour rassurer le lecteur.88
Auf einige Beispiele sei hingewiesen, die die Schwäche einzelner Argumente dartun : Ein einzelnes Wort wird herangezogen als Kriterium für weitreichende Vergleiche und Beziehungen. Schmidt schreibt : ‘ Am meisten abseits steht Wonkamarra : es offenbart sich durch seine Form für “Ohr” binna als ein wichtiger stehengebliebener Rest einer Verbindung der Sprachen der Ostküste — die westlichsten derselben sind Kamilaroi und Murawarri — zum Luridya hinüber,89 und ist nichts anderes als eine Mischung dieser Sprachen mit Sprachen der Süd-Zentral-Gruppe ‘ (p. 43). Auch die ‘ Genitiv-Regel ‘ Schmidts spielt eine große Rolle. Schon die Formulierung dieser Regel in den ‘ Personalpronomina ‘ (§ 124) zeigt, wie wenig eindeutig sie in ihrer Anwendung ist, und ihre praktische Applikation an verschiedenen Stellen bestätigt durchaus diesen Eindruck.90 Endlich noch eine Merkwürdigkeit bei der Einteilung der nordaustralischen Sprachen. Nach dem Auslaut der Wörter zerfallen sie in drei Gruppen : die Gruppe mit konsonan- tischen Auslauten, die Gruppe mit sonantischen Auslauten, die Gruppe mit rein vokalischem Auslaut. Diese Einteilung kann nach den Voraussetzungen, die W. Schmidt selber macht, im besten Falle den Sinn einer typologischen Gliederung haben ; sind doch die Nordsprachen gerade dadurch charakterisiert, daß sie untereinander keine Gemeinsamkeiten aufweisen. Darum macht er auch selber darauf aufmerksam, daß ‘ den einzelnen Untergruppierungen, die wir (nach äußeren Merkmalen) auch bei den Nordsprachen vornehmen, nicht die gleiche Bedeutung beigemessen werde, wie den Untergruppierungen der Südsprachen’91 (p. 161). Wenn er nun aber darangeht, diese Gruppen und die zu ihnen gehörenden Sprachen eingehender darzustellen, werden aus den typologischen Einheiten unvermerkt historische Größen, deren zeitliche Aufeinanderfolge genau so diskutiert wird wie bei den Gruppen der Südsprachen. Auf die Unmöglichkeit eines solchen Verfahrens hat schon A. MEILLET hingewiesen, wenn er sagt, daß eine Gliederung der indogermanischen Sprachen nach dem Auslaut zu sehr eigenartigen Aufstellungen führen müßte.92
Daß W. Schmidt nicht um die Schwächen seiner linguistischen Argumentation und das Problematische der Vermischung von kulturhistorischen und sprachlichen Gesichtspunkten gewußt habe, darf man bei seinem Scharfsinn wohl kaum annehmen. Vielleicht verrät er sich dort, wo er zwischen ‘ rein linguistischen Gründen ‘ und einem ‘ sprachchronologischen ‘ unterscheidet. Dieser ‘ sprach- chronologische’ Grund ist nämlich, wie der nachfolgende Text zeigt, nichts anderes als eine solche Vermischung der verschiedenen Rücksichten. Es heißt da : ‘ Die West-Mitte-Gruppe, die dem Kulturkreis der mutterrechtlichen Zweiklassensysteme angehört, findet bei ihrem Eintritt im Süden (und Westen) Australiens bereits die Südsprachen (Narrinyeri), die zum vaterrechtlich-totemistischen Kulturkreis gehören, als ältere Besitzer Südaustraliens vor, ist also ihnen gegenüber als die jüngere zu betrachten ’ usw. (p. 227). Hier spricht unverkennbar der Kulturhistoriker, der bestrebt ist, zu einem geschlossenen Bild der Gesamtkultur, zu der ja auch die Sprache gehört, zu gelangen, dabei die Methoden verschiedener Fachwissenschaften vermengt und die Resultate seiner komplexen Forschung wohl auch etwas gewalttätig zu harmonisieren sucht. Daß sich dabei im Laufe der Untersuchungen Korrekturen ergeben, wird als fast selbstverständlich mit in Kauf genommen und gelegentlich am Rande vermerkt (p. 256), ohne daß auf die früher angeführte Begründung Bezug genommen wird.
Dieses Vorgehen wird jedoch verständlich, wenn man die Größe der Aufgabe in Betracht zieht, die das Sprachgebiet eines ganzen Erdteils zu erobern unternimmt und dabei auf fast unüberwindbare Schwierigkeiten stößt. Daß bei einem solchen Unternehmen (gerade hier wird man das Wort vom ‘ heroischen Zeitalter der Forschung ’ anwenden dürfen) nicht alle Spielregeln zünftiger Wissenschaft eingehalten werden, versteht sich fast von selbst. Trotzdem wird man den Wunsch nicht unterdrücken können, daß Schmidt sich zu seinen Methoden klar bekannt und den Sicherheitsgrad seiner Ergebnisse eindeutig angegeben hätte. Aber auch so kann man abschließend sagen : Bei der Aufstellung der Sprachgruppen spielen die außerlinguistischen Argumente eine geringere Rolle ; bei der Argumentation für das Alter dieser Sprachgruppen hingegen werden überwiegend Gedankengänge benutzt, die durch das von Graebner und Schmidt aufgestellte Kulturkreisschema Australiens bedingt sind. Mit dieser Abhängigkeit teilen sie daher auch den Grad der Sicherheit dieses Systems.
IV. Die Sprachfamilien und Sprachenkreise der Erde
Was W. Schmidt in der ‘ Gliederung der australischen Sprachen ‘ für ein Teilgebiet der Sprachenwelt (es handelt sich immerhin um einen Kontinent) nachzuweisen versuchte : die Kongruenz der Sprachgruppen mit den von der Ethnologie erarbeiteten Kulturschichten, das unternahm er wenige Jahre später für die Gesamtheit der Sprachen. ‘ Die Sprachfamilien und Sprachenkreise der Erde ‘ (375)93 heißt das große Werk, das 1926 in der “Kulturgeschichtlichen Bibliothek ‘’ bei Winter (Heidelberg) erschien. Seine Einordnung in die ethnologische Abteilung dieser Reihe kennzeichnet, wie E. Lewy in seiner Besprechung dieses Werkes94 bemerkt hat, neben dem Titel hinreichend die Art der ganzen Arbeit. Den Kulturhistoriker Schmidt, der für die Entwicklung der Kultur im System der Kultur- kreise den entsprechenden Rahmen glaubte gefunden zu haben, mußte es drängen, auch der Sprache als einem Wesensteil der Gesamtkultur den ihr gebührenden Platz anzuweisen.95 Durch seine linguistischen Arbeiten war er hinreichend legitimiert, eine solche Aufgabe in die Hand zu nehmen.
Der Gedanke, aus dem Vergleich von Sprache und Kultur innerhalb eines Volkes zu einer erweiterten und vertieften Erkenntnis seiner inneren und äußeren Geschichte zu gelangen und auch seine Begegnungen und Durchdringungen mit anderen Völkern zu verfolgen, ist nicht neu. Spiegeln sich doch in der Sprache die Geschicke eines Volkes in ganz hervorragendem Maße, wobei freilich die Коmpliziertheit und mannigfache Bedingtheit linguistischer Tatbestände ihre Deutung äußerst schwierig machen. Auf verschiedenen Wegen und unter verschiedenen Voraussetzungen sind Versuche zu einer fruchtbaren Verbindung von Kulturgeschichte und Sprachgeschichte unternommen worden, und das Thema ‘ Kultur und Sprache ‘wird immer wieder aufs neue erörtert.96
Neu und originell an dem Versuch Schmidts ist nun aber ein Doppeltes : Er umspannt die gesamte Sprachenwelt, und er tut dies unter Anwendung der kulturhistorischen Methode der Ethnologie auf die Sprachwissenschaft. Den Schlüsselbegriff bildet dabei der ‘ Sprachenkreis ‘. ein Analogon zum ‘ Kulturkreis ’ der Ethnologie. ‘ Sprachenkreise ‘ sind Spracheinheiten, die die bisher erkannten Sprachfamilien zu ‘ größeren Gruppierungen’ zusammenfassen, und zwar auf Grund ‘ einer Reihe besonders charakteristischer Sprachelemente die im Sinne von ‘ Form- und Quantitätskriterium ‘ der kulturhistorischen Ethnologie ‘ hinreichend sichere Schlüsse über die in Frage stehenden Zusammengehörigkeiten erlauben ‘.97
Zu beachten ist, daß Schmidt sich bemühte, diese Sprachenkreise ‘ auf Grund rein linguistischer Tatsachen sicherzustellen ‘. Doch muß er zugeben, daß es dabei Strecken gab, ‘ wo man wußte oder fühlte, daß mit dem rein Linguistischen das Auslangen nicht zu finden war, daß insbesondere die eigentlichen tieferen Gründe des Linguistischen im Außerlinguistischen, insbesondere im Soziologischen und Ethnologischen, also in den Kulturkreisen lägen.’98 ‘ Ich bekenne deshalb, daß ich die Gruppe der primären Sprachenkreise eigentlich nur in Analogie zu den primären Kulturkreisen aufgestellt habe, und daß diese Aufstellung eine linguistische Grund- lage nicht in der gleichen Weise besitzt, wie die Aufstellung der Gruppe der primären Kulturkreise ihre ethnologische Grundlage hat.’ 99
Nachdrücklicher und eingehender, als Schmidt selbst es tut, hat die linguistische Fachwelt auf diese grundlegende Schwäche des ‘Sprachenkreis-Systems’ aufmerksam gemacht. Sie anerkennt die Großartigkeit der Konzeption100 und betont, daß auch vom Standpunkt der Linguistik aus keines der von Schmidt verwendeten Erklärungsprinzipien als absurd angesehen werden darf.101 Sie lehnt jedoch einmütig die von Schmidt angewandte Methode ab, nicht, weil sie einem anderen Wissensgebiet entnommen ist, sondern weil sie in ihrer Anwendung auf die Linguistik den komplizierten sprachlichen Tatbeständen nicht genügend gerecht wird. Die Vergleichsmomente, die Schmidt zur Feststellung weltweiter Beziehungen heranzieht, sind willkürlich ausgewählt, und bei ihrer Deutung wird der Zusammenhang, aus dem allein sie erklärlich werden, ganz außer acht gelassen. ‘ Die Lauterscheinungen werden aus ihrer physiologischen Bedingtheit, die grammatischen einschließlich der syntaktischen Faktoren werden aus ihren psychologischen Antrieben derart herausgerissen, daß ihnen starre, unveränderliche Eigenschaften zugesprochen werden, die sie in den lebenden Sprachen durchaus nicht besitzen‘ 102
Auch historisch beobachtbare Tatsachen werden von Schmidt nicht genügend berücksichtigt, und es nimmt sich eigenartig aus, wenn Cohen dem Kulturhistoriker Schmidt sagen muß : ‘ On regrettera un oubli trop fréquent des perspectives historiques. ‘ 103 Bei der Bedeutung, die Schmidt z. В. dem Vorkommen der ‘ anormalen Vokale ‘ ö und ü für die Aufstellung der Sprachenkreise beimißt, hätte er beachten müssen, daß ein ü in der Entwicklung des Griechisehen einmal auftritt und dann wieder verschwindet. Die Indifferenz von tönenden und tonlosen Lauten, die Schmidt als ein Kennzeichen der Ursprachenkreise hinstellt, tritt in den modernen germanischen Sprachen auf. Die Einordnung der Sprachen nach ihrem Auslaut begegnet gerade auf dem ureigenen Forschungsfeld Schmidts, bei den melanesischen Sprachen, größten Schwierigkeiten, da bei ihnen der Lautverfall sowohl zu vokalischem als auch zu konsonantischem Auslaut führt.
Als wichtigsten Vergleichspunkt sieht Schmidt die Stellung des (affixlosen) Genitivs an. Dieser Frage hatte er schon sehr früh seine Aufmerksamkeit geschenkt. Hier nun legt er, alle früheren Arbeiten darüber zusammenfassend, den ganzen Fragenkomplex noch einmal dar, und die Art und Weise seines Vorgehens kann als Musterbeispiel für seine linguistische Methode gelten. Der Gedankengang ist einsichtig und einwandfrei : Der Untersuchung, welche Stellung der Genitiv in den einzelnen Sprachgruppen einnimmt (Vor- oder Nachstellung), folgt der Versuch, die Verbreitungszentren für die Vor- oder Nachstellung herauszuarbeiten, Kerngebiete und Ausstrahlungszonen zu unterscheiden. Dann wird gefragt, ‘ ob und mit welchem der ethnologischen Kulturkreise die einzelnen Gruppierungen Zusammenhänge aufweisen ‘,104 die soziologischen und sonstigen Verhältnisse dieser Kulturkreise werden zur Erklärung des Ursprungs der Genitivstellung herangezogen. Damit verläßt Schmidt ausdrücklich das rein linguistische Feld, kehrt aber noch einal dorthin zurück mit der Erörterung der sprachlichen Auswirkungen der Genitivstellung auf die Stellung des Akkusativs und die des Adjektivs. Abschließend wird nach Zusammenfassung der Ergebnisse die Frage beanwortet, ‘ ob eine Änderung der Genitivstellung auch auf dem Wege rein innerer Sprachentwicklung zustande kommen könne ‘.104
Man sieht gleich, daß hier grundlegende Fragen aus der gesamten Sprachwissenschaft berührt werden, und Schmidts Ausführungen zeigen, daß er sie, trotz der immer wieder von anderen gerühmten und staunenswerten Arbeitsleistung, auf eine zu einfache Weise löst. Schon bei der bloßen Feststellung der Tatsachen wird zu summarisch verfahren. Was Lewy von der gesamten Arbeit sagt : ‘ Man tut gut, den Begriff der “philologischen Akribie” ... bei der Lektüre des Buches nicht zu fest im Auge zu behalten ‘,105 läßt sich an vielen Stellen als berechtigt erweisen.106 Auch bei der Anwendung linguistischer Begriffe wird ihre Komplexität nicht beachtet. Selbst auf indogermanische Sprachen läßt sich der indifferenzierte Begriff ‘ Genitiv ‘ nicht mehr unterschiedslos anwenden.107 Wenn dann aber Schmidt darangeht, die Kerngebiete für die Vor- oder Nachstellung des Genitives zu umschreiben und dafür die Regeln für die ‘ volle י und die ‘ gebrochene ‘ Genitivstellung formuliert,108 um ein Kriterium für die frühere ursprüngliche Stellung des Genitivs zu erhalten und so Kultur und Sprache in ihrer geographischen Verbreitung zur Deckung zu bringen, kann man sich bei der Anwendung dieser Regeln nur schlecht des Eindrucks erwehren, daß hier außerlinguistische Gesichtspunkte entscheidend werden. Schmidt gelangt tatsächlich zu einer durchgehenden Kongruenz der Sprachen- und Kulturkreise, doch für die linguistische Fachkritik sind seine Schlußfolgerungen nicht mehr vollziehbar. Sie geht daher auch fast stillschweigend über dieses für Schmidt wichtigste Kapitel hinweg. Cohen nennt es als Beispiel für die generelle Aussage : ‘ Certaines analyses sont tout à fait abusives‘109 Dempwolff berührt die Frage der Genitivstellung erst dort, wo er den Zusammenhang von Sprache und Kultur erörtert.110 Lewy hält die von Schmidt angestellten Versuche, ‘ rein aus dem Denken bestimmte Sprachzüge zu konstruieren, ... nicht für gelungen‘ 111 und bezieht sich dabei auf die Erörterungen über die Stellung des Genitivs. Einzig die Sprachpsychologen melden sich noch zu Wort bei Äußerungen wie z. В., daß ‘ mit psychologischer Notwendigkeit’ die ‘ ursprüngliche Stellung des Genitivs in allen Sprachen die Voranstellung ‘ sei,112 und daß die Nachstellung nicht infolge einer inneren und rein sprachlichen Entwicklung eingetreten, sondern ‘ aus den durch den Eintritt des ältesten mutterrechtlichen Pflanzenbaues hervorgerufenen sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen verursacht ‘ worden sei.113
In langen Ausführungen hat K. Bühler in seiner ‘ Sprachtheorie ‘114 zu den diesbezüglichen Thesen Schmidts Stellung genommen, und auch hier stellt sich heraus, daß die Dinge viel komplizierter liegen, als Schmidt sie in seiner vereinfachenden Art sieht und darstellt. V. Christian nimmt hingegen die Gedankengänge Schmidts auf, gelangt dabei aber zu anderen Ergebnissen : Er bringt die verschiedene Stellung des Genitivs mit der Zweiteilung der Menschheit in den schizothymen und zyklothymen Geistestyp in Verbindung und meint : ‘ Bereits in der Zeit der Urkulturen hatte die Menschheit infolge verschiedener Umwelteinflüsse zwei gegensätzliche Geistestypen entwickelt, die sich in der verschiedenen Stellung von Dingwort und Aussagewort zueinander äußerten. Die Voranstellung gehört dem schizothymen Typus, die Nachstellung dem zyklothymen an. Erstere ist die Denkweise der animistisch-mutterrechtlichen Kulturen, letztere die der emanistisch-vaterrechtlichen. Eine kritische ÜberPrüfung der Schmidt’schen Aufstellungen führt demnach meines Erachtens in der Hauptsache gerade zum Gegenteil dessen, was Schmidt als richtig erweisen will.’115
Feststellungen dieser Art zeigen nun mit aller Deutlichkeit, wie groß die Reichweite einer kulturhistorischen Linguistik im Sinne Schmidts gedacht ist : mit Hilfe der ‘ Sprachenkreise ‘ glaubt er ‘ die letztmöglichen Zeitentfernungen zu erreichen ‘ und bis in die Nähe der Ureinheit der Sprachen vordringen zu können. ‘ Bis dafür aber der empirische Beweis in exaktwissenschaftlicher Weise geführt werden kann, muß noch viel Einzelarbeit geleistet werden ‘; die Erfolge der Sprachwissenschaft in den letzten dreißig Jahren aber rechtfertigen ‘ noch kühnere Hoffnungen für die Zukunft ‘.116 Entscheidend ist dabei die Verbindung mit der kulturhistorischen Forschung, mit anderen Worten : die vergleichende Sprachwissenschaft gelangt mit ihren eigenen Mitteln nicht bis an dieses Ziel. Es ist daher verständlich, daß Linguisten den Versuch Schmidts als ‘ ethnologisches Werk, mindestens eines, in dem die Ethnologie stark betont ist, . . . kein sprachwissenschaftliches oder gar philologisches ‘ ansehen.117
Trotzdem bleibt bestehen, daß es auch für den Linguisten seinen hohen Wert behält. Da ist zunächst der erste Teil : Er nimmt die Hälfte des Buches ein und bietet in gedrängter Form eine Übersicht über die Sprachfamilien der Erde und die Geschichte ihrer Erforschung. Aus den Vorstudien zu seinen ‘ Sprachenkreisen ‘ hat Schmidt damals ein sehr brauchbares Nachschlagewerk geschaffen, das sich neben den zwei Jahre zuvor erschienenen ‘ Langues du monde ‘ (Paris 1924) als persönlich geprägte Leistung seines Verfassers behauptete. Durch die Fülle des Stoffes setzte es selbst die Linguisten vom Fach in Erstaunen, schokierte allerdings auch die Spezialisten nicht selten durch vielerlei, teils vermeidbare, teils unvermeidliche Fehler, die sich aus der großzügigen Arbeitsweise Schmidts ergaben.117a Eine Kritik, die sich in der Aufzählung solcher Fehler erschöpfen wollte, würde am Hauptanliegen Schmidts vorbeigehen : eben der Aufstellung der Sprachenkreise, denen vornehmlich der zweite Teil gewidmet ist.
Auch dieser ist nach dem Urteil Cohens für die Linguisten nicht bedeutungslos : Wenn er auch den Sprachenkreisen als solchen nicht zustimmen kann, so habe Schmidt doch der Sprachwissenschaft neue Impulse gegeben durch die Einbeziehung primitiver Sprachen in den Forschungsbereich und durch den Versuch, über die bisher üblichen und zum Teil längst veralteten Klassifizierungen hinauszugelangen : ‘ Un travail aussi considérable n’aura pas été fait en vain ; mais sans doute servira-t-il surtout à montrer à quel point la linguistique est encore dans une période infantile.’118
Zusammenfassung
Was Cohen von diesem einen Werk sagt, läßt sich zusammenfassend auch von der Gesamtleistung Schmidts auf dem Gebiete der Linguistik aussagen : Schmidt hinterläßt eine höchst beachtenswerte Arbeitsleistung, die nicht nur an der Zahl der Veröffentlichungen zu bemessen ist, sondern vor allem an dem Umfang und der Unerschlossenheit seiner Arbeitsfelder und der Neuartigkeit und der Weite seiner Fragestellungen. Den Sprachen der Südsee galt sein erstes Interesse. Er sammelt, sichtet, vergleicht und ordnet ein, sucht nach Zusammenhängen, umschreibt sie neu oder zieht früher erkannte wieder ans Licht, sie mit neuen Argumenten stützend. Mit Vorliebe geht er jene Gebiete an (man denke an Australien), die für die Sprachwissenschaft noch kaum erschlossen sind, und leistet hier Pionierarbeit im wahrsten Sinne des Wortes. Dabei ist er nicht exklusiv Linguist, der nur einen Blick für das Phänomen ‘ Sprache ‘ und die ihr eigenen Gesetze hat : er sieht vielmehr die Sprache als Teil der Gesamtkultur eines Volkes und als zuverlässigen Zeugen seiner inneren und äußeren Geschichte. So gehen seit den ersten Arbeiten den linguistischen Ausführungen Notizen ethnographischer und anthropologischer Art parallel mit dem deutlich ausgesprochenen Ziel, aus Sprache und Kulturbesitz und den rassischen Eigenarten der Stämme und Völker ihre Geschicke zu erfahren. Wie wach sein historisches Interesse immer ist, erweist sich auch darin, daß er sich bei den linguistischen Untersuchungen nie begnügt, nur die Tatbestände aufzunehmen, sondern stets die Frage nach dem Werden von Lauten, Wörtern und Formelementen stellt. Der Linguist Schmidt ist von vornherein Kulturhistoriker gewesen und immer mehr geworden, bis schließlich die Linguistik sozusagen zur Hilfswissenschaft der Kulturgeschichte wurde, der sie ihre Fragestellung und Methoden entlieh. Als großes Positivum dieser (in manchen Punkten gewiß angreifbaren) Arbeitsweise Schmidts und seiner ganzen Arbeitsleistung bleibt sicherlich die Erschließung sprachlichen Neulandes für die vergleichende Sprachwissenschaft und damit eine Bereicherung ihres Stoffes und ihrer Probleme.
Das andere Wort Cohens von der ‘ période infantile ‘, die in der Arbeit Schmidts zum Ausdruck komme, läßt sich treffender mit ‘ Pionierarbeit ‘ übersetzen. So sind die Schwächen (aber auch manches Gute) der Schmidtschen Arbeitsleistung wohl am besten charakterisiert. Vor allem ist gesagt, daß nichts Endgültiges und Abgeschlossenes geschaffen wurde. Schmidts Forschungsergebnisse gleichen Orientierungspunkten, von denen aus die Forschung weiterzuführen ist, die aber auch aufgegeben werden können oder sogar müssen, wenn sich neue Ausblicke bieten oder neue Wege als gangbar erweisen. Die ‘ Sprachenkreise ‘ z. B. beruhten nach Schmidts eigener Aussage (s. oben) auf den Kulturkreisen ; wo diese ins Wanken geraten sind, da können auch schon allein aus diesem Grunde die Sprachenkreise nicht mehr gehalten werden. Und so geht es mit vielen anderen Aufstellungen, deren Geltung nur vorläufig war, die aber ihren Dienst getan haben und so ihren Platz in der Wissenschaftsgeschichte behaupten. ‘ Pionierarbeit י war die Eroberung der australischen Sprachen für die Sprachwissenschaft. Niemand kann den Wagemut und Unternehmungsgeist verkennen, der eine solche Arbeit möglich machte ; niemand kann aber auch mit Recht erwarten, daß ein solcher Eroberungszug mit den Waffen und Werkzeugen feinstgeschliffener Methoden unternommen wird. Vielleicht wäre er dann in seinen Anfangen bereits steckengeblieben.
Haben sich also seine Forschungsresultate auch nicht alle als haltbar erwiesen, so bleibt aus seinem Lebenswerk noch etwas bestehen, was bisher zwar nicht ausdrücklich hervorgehoben wurde, was aber allein schon genügte, W. Schmidt einen ehrenvollen Platz in der Geschichte der Linguistik zu sichern. Es ist seine organisatorische Arbeit zur Sammlung und Veröffentlichung sprachlicher Materialien aus der Welt der Primitiven, wofür er als Hilfsmittel das Anthropos- Alphabet119 schuf. Dieser thesaurus linguarum ist niedergelegt in der ‘ Linguistischen Anthropos-Bibliothek ‘ (334), vor allem aber in den Bänden des ‘ Anthropos ‘ selbst, der als ‘ Internationale Zeitschrift für Völker- und Sprachenkunde ‘ zu einer reichen Fundgrube für die Sprachwissenschaft geworden ist. Sein Werk lebt auch weiter in den Arbeiten jener vielen, die, von ihm selbst oder seinen Arbeiten angeregt, den Sprachen der primitiven Völker nachgehen.
Source: Arnold Burgmann, ‘ P. W. Schmidt als Linguist,’ Anthropos 49.627-658 (1954). By permission of Anthropos and the author.
1 Siehe Fritz Bornemann, Verzeichnis der Schriften von P. W. Schmidt S. V. D. (1868-1954). Anthropos 49. 1954. pp. 385432. Bei der Zitation der Werke W. Schmidts in dem vorliegenden Aufsatz werden die Titel verkiirzt angegeben, dam in Klammern die Nummer der betr. Arbeit in der Bibliographic, der die vollstandigen Angaben zu entnehmen sind.
2 Die nach 1926 erschienenen linguistischen Arbeiten W. Schmidts (es handelt sich um ca. 20 kleinere und grol3ere Veroffentlichungen) wiederholen nur friihere Thesen und Auffassungen, ohne neues Material beizubringen. Auch die grol3eren Werke machen davon keine Ausnahme. So unterstreicht W. Schmidt in der ausfiihrlichen Stellungnahme zu Hevesys Arbeiten uber die Munda-Sprachen und ihre Zuordnung zur finnisch-ugrischen Sprachfamilie (499) seine friihere Auffassung ; der Aufsatz iiber ‘Die Beziehungen der austrischen Sprachen zum Japanischen’ (412), eine Besprechung einer Arbeit N. Matsumotos, enthalt mar einige beachtenswerte Hinweise, doch bleiben diese blok Vermutungen ; fur ‘Die Tasmanischen Sprachen’ (61 8), die 1952 erschienen, lag das Manuskript 1917 bereits abgeschlossen vor, die spater darin vorgenommenen Erganzungen sind geringfugiger Art.
3 Irn August 1896 landeten als erste Missionare S. V. D. die Patres E. Limbrock, Fr. Vormann und J. Erdweg rnit vier Missionsbriidern in ihrem neuen Arbeitsgebiet. Den Narnen der Patres begegnet man bald in ethnographischen Zeitschriften. W. Schrnidts erste Veroffentlichung ist die Bearbeitung eines Artikels aus einer Missionszeitschrift von Fr. Vorrnann fiir eine Fachzeitschrift, ‘Ethnographisches von Berlinhafen’ (I), in dern sich auch einige sprachliche Notizen finden. Die erste linguistische Arbeit auf Grund des von dern Missionar Fr. Vormann gelieferten Materials ist ‘Ein Beitrag zur Kenntnis der Valrnan- Sprache’ in der Zeitschr. f. Ethnologie (5).
4 Für sprachvergleichende Arbeiten hatte W. Schmidt keine besondere Ausbildung erhalten. Das Studium der orientalischen Sprachen an der Berliner Universität während drei Semestern hatte eine andere Zielsetzung, kam ihm aber doch durch die damit gegebene formelle Schulung bei seiner neuen Aufgabe zustatten. Viel Förderung verdankt er den Privatissima bei Hofrat Prof. Dr. Leo Reinisch, dem bekannten Wiener Hamitisten, von dem er häufig sprach.
5 The Journal of the Anthropological Institute of Great Britain and Ireland (London) 30 (N. S. 3). 1900. pp. (40)-(44).
6 In dem Aufsatz י The Common Origin of the Oceanic Languages ‘. The Journal of the Polynesian Society. (New Plymouth, N. Z.) 5. 1896. pp. 58-68.
7 Die von Schmidt benutzte Literatur umfaßt weniger als 20 Titel ; sie ist nur im Text oder in den Anmerkungen notiert.
8 H. C. von der Gabelentz, Die melanesischen Sprachen nach ihrem grammatischen Bau und ihrer Verwandtschaft unter sich und mit den malaiisch-poly- nesischen Sprachen. 1. Abh. Leipzig 1860 ; 2. Abh. 1873.—Georg von der Gabelentz und Adolf Bernhard Meyer, Beiträge zur Kenntnis der melanesischen, mikronesischen und papuanischen Sprachen, ein erster Nachtrag zu Hans Conon’s v. d. Gabelentz Werke ‘ Die melanesischen Sprachen ‘.Leipzig 1882.
9 H. Kern, De Fidjitaal vergeleken met hare verwanten in Indonesië en Polynesië. Amsterdam 1886.
10 Diese Anmerkung hat zu scharfen Angriffen G. Friedericis Anlaß gegeben. Cf. dazu : G. Friederici, Untersuchungen über eine melanesische Wanderstraße. Wissenschaftliche Ergebnisse einer amtlichen Forschungsreise nach dem Bismarck-Archipel im Jahre 1908. III. Mitteilungen aus den Deutschen Schutzgebieten, Ergänzungsh. Nr. 7. Berlin 1913. pp. 33-34, Anm. 142. Ferner die Kampfschrift des gleichen Verfassers : Pater W. Schmidt S. V. D., der Redakteur des ‘ Anthropos ‘ : Meine Antwort. Als Handschrift gedruckt. 1914. —Viel ruhiger urteilt R. Brandstetter : ‘... daher wundere ich mich, daß P. W. Schmidt in der Einleitung seiner sehr lesenswerten Schrift . . ., wo der Autor sich doch mit seinen Vorgängern auseinandersetzt, Kerns Schrift nicht nennt, sondern erst in einer Anmerkung, S. 13 ‘ (Tagalen und Madagassen. MalayoPolynesische Forschungen. Zweite Reihe, II. Luzern 1902. p. 6, Anm. 3).
11 Cf. die vorsichtigen Formulierungen Kerns in ‘ Fidjitaal ‘ (pp. 3-4) : ‘ De uitkomst van mijn onderzoek is gewest, dat Fidji en Polynesisch even ver van de Indonesische talen afstaan, en dat, zoo het eerste in menig opzicht grooter overeenkomst vertoont met de Westelijke verwanten dan het Polynesisch schijnt te hebben, dit alleen een gevolg is daarvan, dat het Fidji over’t algemeen ouderwetscher is. Anders uitgedrukt luidt de slotsom van mijn onderzoek aldus : Fidji en Polynesisch zijn loten van één stam, die een zelfstandig leven leidde, lang, zeer lang nadat hij zich van den moederstam ergens in den Indischen Archipel had losgemaakt. Tegenover alle thans bekende Indonesische talen en het Malagasi vormen Fidji en Polynesisch één geheel.’
12 Cf. Fr. Ratzel, Mythen und Einfälle über den Ursprung der Völker. Globus (Braunschweig) 78. 1900. pp. 21-25.
13 Globus (Braunschweig) 78. 1900. p. 130 ; in der Besprechung von Schmidts Arbeit.
14 Friederici, Meine Antwort, pp. 22-23.
15 Siehe oben Anm. 5.
16 Urheimat der Polynesier’ (Globus 90. 1906. p. 61) schreibt Schmidt : ‘Fiir die Stationen, “die zwischen Java und Viti liegen ", die v. Bulow nicht bekannt sind, moge er P. W. Schmidt "Uber das Verhaltnis “nachsehen” (Anthropos 1. 1906. p. 1026) ; ahnlich (82) Anthropos 3. 1908. p. 627. - Viele Jahre spater erinnert Schmidt (544) F. Speiser an die ‘linguistische Erstlingsarbeit’ und die darin gewonnenen Ergebnisse (Anthropos 35-36. 1940-41). - Cf. noch (594) Anthropos 41-44. 1946-1949.
17 Anthropos 3. 1908. p. 175.
18 Verhaltnis d. mel. Sprachen, pp. 27-29.
19 Anthropos 3. 1908. p. 633.
20 Neuerdings ist H. Kahler bestrebt, die polynesischen Sprachen so eng an die indonesischen anzuschließen, daß ‘ kein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Sprachgruppen besteht ‘ (Die Stellung der polynesischen Dialekte innerhalb der austronesischen Sprachen. Zeitschr. d. Deutsch. Morgeni. Ges. 100. 1950. pp. 646-658). Zu Schmidts These über die Entstehung der polynesischen Sprachen nimmt H. Kahler ausdrücklich auf p. 658 kritisch Stellung.
21 S. H. Ray, A Comparative Study of the Melanesian Island Languages. Cambridge 1926.
22 Otto Dempwolff, Vergleichende Lautlehre des austronesischen Wortschatzes. 3 Bde. Berlin 1934-1938.
23 Bezeichnend für seine Denkart ist in diesem Zusammenhang die folgende Bemerkung : ‘ Es scheint, daß auch H. Kern in seinem angeführten Werke diesen Ausfall des m annimmt . . . Das geschieht indess so beiläufig, daß ich nicht weiß, ob H. Kern die Bedeutsamkeit und Fruchtbarkeit seiner Entdeckung ganz erfaßt hat ‘ (Verhältnis, p. 21, Anm. 2).
24 Als Äußerung aus jüngster Zeit cf. Mitt. d. Anthr. Ges. in Wien (Wien) 83. 1954. p. 88 ; ‘ Seine Hauptentdeckung war mit dem Nachweis gegeben, daß bestimmte Sprachen Südostasiens und Ozeaniens miteinander verwandt sind . . . Diese Entdeckung Schmidts bedeutet nicht nur an und für sich eine geniale Leistung, sondern sie war und ist auch außerordentlich wichtig für die vergleichende Kultur- und Religionsforschung.’
25 Schon im Titel dieser Arbeit (Mon-Khmer-’ Völker nicht ‘ Sprachen ‘) kommt zum Ausdruck, daß bei Schmidt das ethnologische Interesse bereits stark in den Vordergrund gerückt ist. Während in den früheren Arbeiten ethnographische Daten mehr als Anhang erschienen, erhalten sie jetzt ihren Platz in gleichberechtigten Kapiteln.
26 ‘ Die Sprachfamilien und Sprachenkreise der Erde ‘ (375), p. 147 ; cf. Anm. 93.
27 Verhältnis der mel. Sprachen, pp. 23-24.
28 E. Kuhn, Beiträge zur Sprachenkunde Hinterindiens. Sitzungsber. d. Kgl. Bayr. Akad. d. Wiss., Phil.-hist. Cl. 1889, I. p. 219 f.
29 С. O. Blagden, Anmerkungen und Corrigenda zu Herrn P. W. Schmidt’s ‘Sprachen der Sakei und Semang’, London, 23. Dec., 1901. Das handge- schriebene Stück befindet sich in der Bibliothek des Anthropos-Institutes.
30 Die Korrekturen sind verschiedener Art, vor allem bietet Blagden wertvolle Ergänzungen aus seiner eigenen Beobachtung. Zu einer Feststellung Schmidts : ‘ weder Blagden und noch weniger Kuhn hatten das gesammte Material berücksichtigt ‘ (p. 401) bemerkt er : ‘ Was das gesammte Material betrifft, haben auch Sie noch nicht alles miteingeschlossen ‘ und zählt dann eine Reihe von Artikeln auf, die Schmidt nicht benutzt hat. — Leider zeigt die Arbeit Schmidts auch zahlreiche drucktechnische Mängel, als deren empfindlichster eine falsch signierte Disposition zu nennen ist.
31 W. W. Skeat and С. O. Blagden, Pagan Races of the Malay Peninsula. In two Volumes. London 1906.
32 ‘ The study is now being admirably pursued by Schmidt 1901, 1904, 1905 ‘ (ib., p. 439, note).
33 W. Schmidt, Sakei- und Semang-Sprachen, pp. 542 und 543.
34 Ib., p. 168.
35 Diese Arbeit wurde bereits 1903 der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien vorgelegt (Sitzung am 4. Nov.), erschien jedoch erst 1905 als Bd. II der ‘ Denkschriften der Kais. Akad. d. Wiss.’ Inzwischen war bereits die im Vorwort angekündigte Arbeit über die Khasi-Sprache, ‘ Grundzüge einer Lautlehre der Khasi-Sprache in ihren Beziehungen zu derjenigen der Mon-Khmer-Sprachen ‘ (1904) (18), herausgekommen.
36 Lautlehre der Mon-Khmer-Sprachen, pp. 3-4.
37 In einer Besprechung von W. Schmidts ‘ Lautlehre der Mon-Khmer- Sprachen ‘ im ‘ Bulletin de l’Ecole Française d’Extrême-Orient 1908 .8 י. pp. 249-252 ; Zitate auf pp. 251 und 252.
38 Lautlehre der Mon-Khmer-Sprachen, p. 2.
39 Cf. oben die Fragestellung Kuhns.
40 Coedès in der bereits angeführten Besprechung der ‘ Lautlehre der Mon- Khmer-Sprachen י : ‘ Ses études antérieures l’avaient mieux prépare que quiconque à y apporter une utile contribution ‘ (a. a. O., p. 249).
41 Welche Bedeutung diese Arbeit für ihn hatte, zeigt neben den oben dargestellten Vorarbeiten auch die Art der Veröffentlichung. Im August 1905 hielt W. Schmidt auf der gemeinsamen Versammlung der Deutschen und der Wiener Anthropologischen Gesellschaften in Salzburg einen Vortrag über ‘ Die Mon- Khmer-Völker, ein Bindeglied zwischen Völkern Zentralasiens und Austronesiens ‘. Ein kurzes Referat erschien in den Kongreßberichten (25), die gleichlautend sowohl in den Sitzungsber. d. Anthr. Ges. in Wien als auch im Correspondenzblatt der Deutsch. Ges. für Anthr., Ethnol. u. Urgeschichte (München) abgedruckt sind. Darin wird bereits eine ‘ erweiterte Form י des Vortrages unter dem Titel ‘ Die Verwandstchaft der austronesischen (malayo polynesischen) Sprachen mit den Mon-Khmer-Sprachen, dem Khasi, dem Nikobar und den Munda-Sprachen Hinter- und Vorderindiens ‘ angekündigt, die im ‘ Archiv für Anthropologie ‘ und ‘ darnach in einer Separatausgabe ‘ erscheinen soll. Das ‘Archiv für Anthropologie ‘ brachte den Aufsatz in Bd. V (Neue Folge) 1906, pp. 59-109, mit unverändertem Titel heraus ; die Separatausgabe in Buchform (157 pp.) kam im gleichen Jahre heraus, versehen mit folgender Widmung : ‘ Herrn Prof. Dr. H. Kern in Leiden, dem hochverdienten Nestor auf dem Gebiete der austronesischen Sprachforschung, und Herrn Prof. Dr. E. Kuhn in München, dem ersten Pfadfinder auf dem Gebiete der austro-asiatischen Sprachen widmet diese Arbeit, welche ihre bisher getrennten Gebiete zu einem einzigen verbindet, in Verehrung und Dankbarkeit der Verfasser ‘ ; in einem Vorwort sind Werden und Sinn der Arbeit dargelegt. Ein Jahr später lag auch eine französische Übersetzung (44) vor, die im ‘ Bulletin de l’Ecole Française d’Extrême-Orient 1907 .7) י. pp. 213-263 und 8. 1908. pp. 1-35) veröffentlicht wurde. Die Änderungen, die für die französische Ausgabe vorgenommen wurden, sind geringfügiger Art und bestehen in sechs Anmerkungen (pp. 223-224), in denen zu der Gruppierung der austroasiatischen Sprachen die inzwischen neu erschienene Literatur nachgetragen wird, und weiteren sechs Stellen in den allgemeinen Vorbemerkungen zum Anhang (pp. 252 und 253), wo einzelne Wörter als Beispiele hinzugefügt wurden. — Die Redaktion fügte die Bemerkung hinzu : ‘ Toutefois nous tenons à déclarer que l’Ecole Française d’Extrême-Orient ne prend nullement la responsabilité des hypothèses du P. Schmidt ‘ (p. 213).
41a Cf. oben Anm. 24.
42 ‘Pater Schmidt was not directly responsible for anything except the three names which he coined ‘, schreibt Gordon T. Bowles in dem Beitrag י Linguistic and Racial Aspects of the Munda Problem ‘. In : Studies in the Anthropology of Oceania and Asia. Ed. by Carleton S. Coon and James M. Andrews IV. (Papers of the Peabody Museum of American Archaeology and Ethnology, Harvard University. Vol. XX.) Cambridge, Mass. 1943. p. 82.
43 Anthropos 41-44. 1946֊ 1949. pp. 927-929. Schmidt beruft sich auf ein Urteil F. B. J. Kuipers: ‘ It is unquestionable to Schmidt’s merits that he has stated his idea of a genetic relationship between the two branches of his austric family of speech, in a clear and straightforward (not to say dogmatic) manner ‘ (p. 928).
44 J. R. Logan, Ethnology of the Indo-Pacific Islands. The Affiliation of the Tibeto-Burman, Mon-Annam, Papuanasian and Malayo-Polynesian Pronouns and Definitives, as varieties of the ancient Himalayo-Polynesian System ; and the Relation of that System to the Dravido-Australian. Journal of the Indian Archipelago, N. S. 111, Pt. 1. 1852.
45 A. H. Keane, On the Relations of the Indo-Chinese and Inter-Oceanic Races and Languages. The Journal of the Anthropological Institute of Great Britain and Ireland 9. 1880. pp. 254-289. - Der Kuriositat wegen sei vermerkt, darj sich in der dem Vortrag anschlierjenden Diskussion bereits Schmidts ‘Bindeglied’ findet : ‘Mr. Keane’s attempt to make the KhmCr languages of Cochin-China a linguistic bridge to connect the Malay district with the interior of Asia represented a new departure in the subject, and it was to be hoped that Mr. Keane’s theory would soon be examined with the attention it deserved’ (p. 289). - Dariiber hinaus ist die Aurjerung bemerkenswert, die Keane selbst macht in der Diskussion um den Beitrag von Colonel Yules, ‘Notes on Analogies of Manners between the Indo-Chinese Races and the Races of the Indian Archipelago’ (ib. pp. 290-301) : ‘Meantime it may not be premature to regard the polysyllabic-speaking KhmCr and KhmCr-dBm as possibly destined to afford the required missing link between the present inhabitants of Malaysia and the monosyllabic-speaking sub-Mongolian Indo-Chinese races . . .’ (p. 302 f.).
46 46 Marie-Rosaire-Charles-Antoine-Francois-Juien-Joseph Fontaine gehort zum Pariser Missionsseminar. Er lebte von 1815-1871, ging 1841 nach Cochinchina, 1854 nach Carnbodja, 1856 nach Siarn, 1860 nach West-Cochinchina. Cf. R. Streit und J. Dindinger, Bibliotheca Missionurn, Bd. 11. Aachen 1939. p. 117, Nr. 432.
47 Von Keane (a. a. O., p. 271) zitiert nach Mouhot, Voyage dans les Royaurnes de Siarn, de Cambodge, de Laos, etc. Paris 1868. p. 216.
48 H. Kern, Austronesisch en Austroasiatisch. Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde van Nederlandsch-Indië, 7. Volgr., Deel VI. 1908. pp. 166-172. — Die große Autorität Kerns war für Schmidts These begreiflicherweise eine bedeutsame Stütze. Sie verliert jedoch an Kraft durch den Umstand, daß Kern die Verwandtschaft zwischen den malaio-polynesischen und den Mon-Khmer- Sprachen anscheinend für eine Entdeckung Schmidts hält (p. 167).
49 S. H. Ray, Besprechung von ‘ Mon-Khmer-Völker ‘ in Man 7. 1907 : ‘It is this part of his treatise which will, no doubt, provoke most discussion ‘ (p. 191).
50 Encyclopaedic van Nederlandsch-Indië, Tweede Deel : H-M. 2de druk. ‘s-Gravenhage-Leiden. 1918. p. 145.
51 Paris 1915.
52 Sprachenkreise, p. 137.
53 W. Schmidt, Die Stellung der Munda-Sprachen (489) ; cf. dort auch die Zusammenstellung der von Hevesy veröffentlichten Arbeiten.
54 Thomas A. Sebeok, An Examination of the Austroasiatic Language Family. Language (Baltimore) 18. 1942. pp. 206-217. — Cf. Tadeusz Milewski, Zarys jęzakoznawstwa ogólnego [Outline of General Linguistics]. (Prace etnologiczne, T. I.) CzcSC IT, Zeszyt 1. Lublin-Krak6w 1948. Summary, p. 394 : ‘Some scholars like P. W. Schmidt suppose that the Austronesian and Austro-Asian languages are two branches of the great “Austrian " family, but the hypothesis has never been proved.’
55 Sebeok macht z. B. darauf aufmerksam, daR fur Schmidt die unterschiedliche Genitivstellung des Munda gegenuber allen anderen austroasiatischen Sprachen keine entscheidende Instanz gegen seine Zugehorigkeit zu dieser Gruppe bedeutet, daB er aber die Zugehorigkeit des Japanischen zur austrischen Sprachfamilie gerade mit Hinweis auf die Verschiedenheit der Genitivstellung ablehnt (p. 209).
56 ES trifft z. B. nicht zu, daB ‘Schmidt had claimed that his theory [Sebeok spricht hier von der “austrischen” Sprachfamilie] was of the same degree of certainty as the Indo-European hypothesis’ (p. 213) ; Schmidt hat diese Aussage vielmehr nur von der Zusammengehorigkeit der austroasiatischen Sprachen unter sich gemacht, wie Sebeok einige Seiten zuvor (p. 208) richtig angibt. - Auch darin wird Sebeok den Auffassungen Schmidts nicht gerecht, da3 er gegen ihn das Annamitische ausspielt (p. 211). Zwar hatte Schmidt sich friiher fur die Zugehorigkeit des Annamitischen zur austro-asiatischen Gruppe ausgesprochen, doch setzte er schon 1901 fur den wichtigsten Teil der Gruppe die Bezeichnung ‘Mon-Khmer-Sprachen’ anstatt der alteren Bezeichnung ‘Mon-Annam-Sprachen’ durch, erwahnte im ‘Bindeglied’ (1906) das Annamitische uberhaupt nicht mehr und schlieRt es in ‘Sprachenkreise’ (1926) ausdrucklich von den austroasiatischen Sprachen aus.
57 Mon-Khmer-Volker, p. IX.
58 Sehr giinstig urteilt K. Wulff in der posthum erschienenen Arbeit ‘uber das Verhaltnis des Malayo-polynesischen zum Indochinesischen’ (Kgl. Danske Videnskabernes Selskab. Historisk-filologiske Meddelelser XXVII, 2. Kerbenhavn 1942 : ‘Der “austrische” sprachstamm W. Schmidts ist seitdem als tatsache in das bewuBtsein der sprachforscher und ethnologen eingegangen’ (P. 7).
59 Die Arbeit erschien sowohl im ‘ Anthropos ‘ (1912-1918) als auch in einer Separatausgabe (Wien 1919). Nach dieser wird im folgenden zitiert mit dem verkürzten Titel ‘Gliederung’.
60 In den Zitaten : ‘Personalpronomina’.
61 In den Zitaten : ‘ Classification ‘.
62 Sprachenkreise, p. 156.
63 Zeitschrift für Eingeborenen-Sprachen 13. 1922-1923. p. 78.
64 Bulletin de la Société de Linguistique de Paris 22. 1921. p. 137. — In der ersten Auflage von ‘ Les Langues du monde י (Paris 1924) benutzte Α. Meillet die ‘ Gliederung ‘ von W. Schmidt zu einer kurzen Darstellung der australischen Sprachen (pp. 461-462). Nach vielen Vorbehalten (‘ la linguistique australienne n’est qu’à ses debuts ‘, p. 461) gibt er schließlich als augenblicklichen Stand unseres Wissens an, daß ‘ les parlers du Sud offrent des concordances notables, tandis que les parlers du Centre et du Nord divergent entre eux et avec ceux du Sud י (p. 462). Die zweite Auflage (Paris 1953) bringt eine ausführlichere Darstellung von J. Guiart, die sich fast ganz auf die verschiedenen Arbeiten von A. Capell, stützt und von den Arbeiten Schmidts nur die ‘ Gliederung ‘ in der Bibliographie nennt.
65 ‘The only attempt at anything like a full study of Australian linguistics is found in Pater W. Schmidt’s” Die Gliederung der australischen Sprachen י ״ (A. Capell, The Structure of Australian Languages. Oceania 8. 1937-1938. p. 27). — Ähnlich A. P. Elkin : ‘ What does seem definite is that at least a dichotomy of Australian languages and probably races must be presupposed . . . roughly along the lines suggested by Schmidt ‘ (The Classification of Languages of North and North-West Australia. Oceania 10. 1939-1940. p. 432.) —Cf. E. A. Worms, Η. Nekes’ and E. A. Worms’ Australian Languages. Anthropos 48. 1953. pp. 956-970. — Scharfe Kritik hat A. Trombetti an der ‘ Gliederung ‘ geübt ; er sieht in den Schlußfolgerungen Schmidts eher einen Rückschritt und tadelt den allzu dogmatischen Tenor seiner Argumentation (Elementi di glottologia. Bologna 1922. pp. 72-76). — Eine neue Gliederung der australischen Sprachen versucht T. Milewski, wobei er, gestützt auf die von Schmidt gebotenen Materialien, erst die grammatikalischen Eigenheiten (vor allem die Pronomina), sodann den Worschatz als Einteilungsgrund heranzieht (а. а. O., p. 389).
66 Gliederung, p. 23.
67 Classification, p. 185.
68 Gliederung, p. 3.
69 H. Nekes and E. A. Worms, Australian Languages. Grammar and Comparative Dictionaries. (MBA Vol. 10.) Posieux/Fribourg (Switzerland) 1953.
70 Lingua Posnaniensis 3. 1951. pp. 135-157.
71 Es handelt sich urn ca. 80 Literaturnummern, die Schmidt iibersehen hatte.
72 O. Dempwolff hat in seiner oben (Anrn. 63) erwahnten Besprechung eine Anzahl solcher Inkonsistenzen namhaft gemacht.
73 Cf. A. L. Kroeber, Relationship of the Australian Languages. Journ. and Proceedings of the Royal Society of New South Wales, 57. 1923. p. 103. Andeutungsweise hat auch A. Meillet darauf hingewiesen, wenn er in seiner Besprechung (s. oben Anm. 64) den Wunsch nach einer methodischen Untersuchung der verschiedenen australischen Sprachen aukrt.
74 Sprachenkreise, p. 156.
75 Cf. unten p. 645. In diesem Vortrag bezieht sich Schmidt auf eine Stelle aus ‘Mon-Khmer-Volker’, urn zu zeigen, daR damals seine Aufmerksamkeit ‘bereits seit langem auch den Sprachen des australischen Festlandes zugewendet’ war (Gliederung, p. 1). Die Stelle lautet : ‘. . . so ist meine Aufmerksamkeit seit langern auch auf eine andere Strornung gerichtet, die, wie es rnir scheinen will, ebenfalls von Vorderindien ausgegangen ist, die aber rnehr direkt nach Siiden sich gewendet hat, die Inselwelt des Stillen Ozeans nur an ihrern Westrande streifte, urn dann, vielleicht iiber Neuguinea, sich uber das australische Festland zu ergieflen. Es ist rneine Absicht, seinerzeit auch die hier in Betracht kornrnenden Sprachen, insbesondere die australischen, die jetzt in einem Zustande unbeschreiblicher Vernachlassigung sich befinden, einer griindlichen Untersuchung zu unterziehen’ (p. 68). Aus dieser Bernerkung durfte sich klar ergeben, dalj Schmidt sich jedenfalls irn Jahre 1905 noch nicht eingehend mit den australischen Sprachen beschaftigt hatte. - Irn gleichen Vortrag sagte Schmidt : ‘Wahrend der zehn Jahre rneiner Beschaftigung rnit den australischen Sprachen . . .’ (ib., p. 4). - Irn Vorwort (von 1919) zu der ‘Gliederung’ heiflt es : ‘. . . 1911 . . . konnte ich darauf hinweisen, daO ich rnich darnals schon seit rnehr als zehn Jahren irnrner wieder rnit dern Studiurn der australischen Sprachen beschaftigt hatte’ (ib., p. XI). Ebenfalls 1919 schrieb er : ‘. . . in dern Werk “Die Gliedemng der australischen Sprachen ", an welchern ich, rnit Unterbrechungen natiirlich, fast zwanzig Jahre gearbeitet habe . . .’ (Personalpronornina, p. 3). Und endlich 1949 : ‘Man wird es ja jernand, der jahrzehntelang sich mit den australischen Sprachen befaljte, verzeihen . . .’ (Anthropos 4144. 1946-1949. p. 943).
76 Zeitschrift fur Ethnologie 40. 1908. p. 869.
77 Uber unveroffentlichte Studien Schmidts wissen wir aus einer Bernerkung in dern Heilbronner Vortrag : cf. unten Anrn. 81.
78 Diese Aussage gilt von einer Gesarntarbeit ; uber die Bewertung einzelner Teile siehe weiter unten.
79 Classification, p. 184 ; Gliederung, p. 4. -Erstaunlich ist die Arbeitsleistung, die Schmidt in einem Jahr (1908) vollbracht hat, nach dessen Verlauf er eine Gliederung aller Sprachen Australiens vornehmen konnte. Das laBt sich wohl nur dadurch verstandlich machen, daR die Klassifizierung der Worter durch Mitglieder seines linguistischen Seminars in St. Gabriel/Modling vorgenommen wurde.
80 Veröffentlicht im Anthropos 7. 1912. pp. 230-251 als I. Teil des Gesamtwerkes ‘ Die Gliederung der australischen Sprachen ‘ (188).
80a Auf einer Beilage zum ‘Anthropos’ 6. 1911. Fase. 5-6 findet sich folgende Ankündigung für den nächsten Jahrgang : ‘ In den ersten Heften wird eine umfassende Studie “Über die Gliederung und Gruppierung der Sprachen von Australien” von P. W. Schmidt, S. V. D., erscheinen, die auch für die Beurteilung der Religionen und der Soziologie der Ureinwohner Australiens von Bedeutung sein wird.’
81 Cf. Gliederung, p. 4: ‘ Während der zehn Jahre meiner Beschäftigung mit den australischen Sprachen habe ich von Zeit zu Zeit eine Zusammenfassung der jedesmal erreichten Ergebnisse gemacht, und eine solche Zusammenfassung habe ich auch vor einigen Jahren in der Zeitschrift “Man” veröffentlicht.’ — Die Veröffentlichung vermittelte N. W. Thomas, der sie dem Royal Anthropological Institute in London vorlegte. Diesem Gelehrten verdankt Schmidt auch “manche Quellen” (Gliederung, p. 3). Interessant wäre es, festzustellen, wann Schmidt die Verbindung mit Thomas aufgenommen hat. Ein Hinweis liegt vielleicht in einer Äußerung, die Thomas in seiner Stellungnahme zu Graebners australischen Kulturkreisen machte : ‘ Ich habe zwar unter den Händen ein Verzeichnis sämtlicher Literaturangaben über die materielle sowie die geistige Kultur der Ureinwohner Australiens ‘ . . . (Zeitschrift für Ethnologie 37. 1905. p. 760>. — Thomas steht Schmidt auch durch seine kulturhistorischen Arbeiten nahe, u. a. über eine Hochgottheit in Südost-Australien (Man 5. 1905. pp. 44-52).
82 The Australian Race : Its Origins, Languages, Customs. 4 vols. Mel- bourne-London 1886-1887.
83 Dieses Werk faßt in seiner Buchausgabe (Wien 1919) die im Anthropos (7. 1912. pp. 230-251; 463-497; 1014-1048; 8. 1913. pp. 526-554 ; 9. 1914. pp. 980-1018 ; 12-13. 1917-1918. pp. 437-493 ; 747-817) erschienenen Artikel unverändert zusammen und ergänzt sie durch Korrekturen auf den Seiten V-IX, sowie durch zwei Indices. Wo im folgenden die Zitate nur durch Angabe der Seitenzahl bezeichnet sind, handelt es sich um die ‘ Gliederung ‘
84 O. Dempwolff findet die grammatischen Kriterien zur Gruppierung der Sprachen weit überzeugender als die phonetischen ; ‘ die Darstellung der Zusammenhänge der Pronomina personalia ... ist in ihrer Sorgfalt vorbildlich und in ihren scharfsinnigen Schlüssen einwandfrei ; das gleiche gilt von der Darlegung der Possessivausdrücke und der Numeralverhältnisse ‘ (Zeitschrift für Eingeborenen-Sprachen 13. 1922-1923. p. 77). Dempwolff arbeitete wie Schmidt mit historischer Zielsetzung, gelangte aber mit seiner Methode mehr zu formelhaften Vergleichswerten als zu wirklich historischen Ergebnissen.
85 ‘ altaustralischen Kulturschicht ‘ im Original gesperrt.
86 ‘ auf linguistischem Gebiete ‘ im Original gesperrt.
87 ‘ gegenseitige . . . Einheit ‘ im Original gesperrt.
88 A. Meillet im ‘Bulletin de la SociCtC de Linguistique de Paris’ 22. 1921. p. 136.
89 ‘als . . . hiniiber’ im Original gesperrt.
90 Cf. pp. 62-63.
91 ‘den einzelnen Untergruppierungen’ und ‘nicht . . . Siidsprachen’ im Original gesperrt.
92 Siehe oben Anm. 88.
93 Zitiert unter der Abkürzung ‘ Sprachenkreise ‘.
94 Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiete der Indogermanischen Sprachen (Göttingen) 56. 1928. pp. 142-159. Im folgenden zitiert unter ‘ Lewy ‘.
95 Schmidt sagt selber, daß bei der Abfassung des Sprachenwerkes mitbestimmend war ‘ die Notwendigkeit, für den zweiten Band des Werkes “Völker und Kulturen”, der ja die geistige Kultur behandeln soll, die nötigen Vorarbeiten zu liefern für die kulturhistorische Behandlung des wichtigen Kapitels “Sprache”, (Anthropos 23. 1928. p. 473).
96 Über die Stellung W. Schmidts in diesem Problemkreis äußerten sich eingehender u. a. M. J. Nemirowsky, Sprache und Kultur. Zur Verbindung der Linguistik mit den Socialwissenschaften. Vladikavkas 1928 [Russisch. Mit deutschem Resumé], und G. Vidossi in dem Beitrag ‘ Linguistica, storia della cultura, etnologia י zu R. Biasutti, Le Razze e і Popoli della Terra, Vol. 1. 2a ed. (Torino 1953), pp. 501-517.
97 Sprachenkreise, p. 271.
98 Ib., p. 528.
99 Ib., pp. 531-532.
100 Lewy, p. 153.
101 Marcel Cohen, Bulletin de la Société de Linguistique de Paris (Paris) 28 (N0. 84). 1927. Comptes Rendus pp. 10-21. Im folgenden zitiert unter ‘ Cohen ‘.
102 Otto Dempwolff, Pater Schmidts Anwendung seiner Kulturkreislehre auf die Sprachwissenschaft (Archiv für Anthropologie [Braunschweig] N. F. Bd. 22. 1932. pp. 72-77), p. 74.
103 Cohen, p. 19.
104 Sprachenkreise, p. 386.
105 Lewy, p. 142.
106 Cf. Dempwolff, pp. 72-73.
107 Leonard Bloomfield, Language (Baltimore՝) 3. 1927. p. 130.
108 Sprachenkreise, pp. 415-417.
109 Cohen, p. 19.
110 Dempwolff, p. 77.
111 Lewy, p. 157.
112 Sprachenkreise, p. 488.
113 Ib., p. 490.
114 Karl Bühler, Sprachtheorie. Die Darstellungsfunktion der Sprache. Jena 1934.
115 V. Christian, W. Schmidts Sprachfamilien und Sprachenkreise der Erde. Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien (Wien) 58. 1928. p. 16.
116 Sprachenkreise, p. 38.
117 Lewy, p. 142. In ahnlichem Sinne aukm sich 0. Dempwolff und M. Cohen in den wiederholt angefiihrten Besprechungen.
117a Cf. С. С. Uhlenbeck, W. Schmidt : Die Sprachfamilien und Sprachenkreise der Erde. Acta Philologica Scandinavia (København) 2. 1927. pp. 284-286. Ferner die Besprechungen vom gleichen Autor in : International Journal of American Linguistics (New York) 4. 1926/1927. pp. 229-233, und : Internationales Archiv für Ethnographie (Leiden) 28. 1927. pp. 35-36.
118 Cohen, p. 21.
119 Die Sprachlaute und ihre Darstellung in einem allgemeinen linguistischen Alphabet (45).
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