“A Prague School Reader in Linguistics”
Über die Beziehung zwischen Laut und Wortbedeutung wer- den in der bisherigen sprachwissenschaftlichen Literatur ver- schiedene, manchmal sogar entgegengesetzte Meinungen vertreten. Einerseits nahern sich die Forscher mehr oder weniger dem extremen Standpunkt, dafl die lautlichen Elemente der Sprache zur lexikalischen Bedeutung der WiJrter, die aus diesen Ele- menten zusammengesetzt sind, von Haus aus in einem willkOr- lichen, arbitrSren Verhaltnis stehen, dafl also der Lautbestand des Wortes an dessen Bedeutung sowie umgekehrt die Bedeutung des Wortes an dessen Lautbestande keinen Anteil habe, mit noch anderen Worten, da/5 der phonische Plan der Sprache in seman- tischer Hinsicht irrelevant sei. Andererseits nâhern sich die Forscher wieder mehr oder weniger dem entgegengesetzten ex- tremen Standpunkt, wonach die einzelnen Lautelemente einer jeden Sprache bereits an und far sich eine gewisse selbstandige lexikalische Bedeutung, einen inhârenten, d. h. von der Bedeutung der aus ihnen bestehenden Witrter unabhângigen semantischen Wert besitzen, dafl also eigentlich jedes phonische Element der Sprache gleichzeitig als primitives Semantem fungiere, so dafl die lexikalische Bedeutung eines Wortes durch eine Art Synthese der semantischen Geltung seiner phonischen Elemente zustande kommen wtlrde. Ich halte es ftlr unnôtig, Belege dafur anzufuhren, dafl der uralte Streit zwischen den beiden erwâhnten Auffassungen bis heute fortdauert.
Der Zweck dieser Zeilen ist zu zeigen, dafl beide extremen Standpunkte grundsâtzlich verfehlt sind, weil sie aus einer unberech tigten Verallgemeinerung gewisser auf Grund von nur immer einem Teil des sprachlichen Materials gewonnenen Beobachtungen und Feststellungen hervorgehen. Das geben ubrigens auch die Vertreter beider extremen Richtungen indirekt zu, da sie nicht verkennen kannen, dafi ihre Formulierung der Beziehung zwischen dem phonischen und dem semantischen Plane der Sprache nicht restlos gilt. Diejenigen, die jedem Lautelement eine primâre lexikalische Bedeutung beimessen wollen, stoflen tfberall auf WOrter, auf welche diese Auffassung nur gewaltsam angewendet werden kann; sie helfen sich dann gewflhnlich mit einem mystischen Allheilmittel aus der Not, nâmlich mit der Formel, dafl der »ursprflngliche« Zustand im Wege laut- und bedeutungsgeschicht- licher Wandlungen verdunkelt oder verwischt worden sei, wobei das Ursprtingliche eben so vorausgesetzt wird, wie es der vorein- genommenen Auffassung entspricht. Diejenigen Forscher dagegen, die auf dem grundsâtzlichen Standpunkt der Willkttrlichkeit phonischer Elemente und deren semantischer Irrelevanz bestehen, kiJnnen wenigstens um so augenfâllige Tatsachen nicht herum, wie sie die klarsten onomatopOischen Sprachgebilde darbieten; so mttssen sie eingestehen, dafi im Bereich der Onomatopffie jene Willkttrlichkeit in gewissem Mafle beschrSnkt ist, und sie helfen sich wieder mit der Behauptung aus der Not, dafl Semanteme solcher Art blofl einen verschwindenden Teil der lexikalischen Elemente einer jeden Sprache ausmachen und dafl es sich um blofle Ausnahmsfâlle handle, die sozusagen an der Peripherie des Wortschatzes liegen.
In Wirklichkeit verhâlt sich die Sache folgendermaflen: die Willkttrlichkeit der phonischen Elemente1 sowie die sog. Exprès si- vitat oder symbolische Geltung dieser Elemente — also das, wo- durch sie an der lexikalischen Bedeutung eines Wortes beteiligt sein kiJnnen — sind beigeordnete sprachliche Tatsachen, welche man bisher unrichtig einander entgegenzustellen pflegte in dem Sinne, dafl die Existenz der einen von beiden von der UnmiJglichkeit der Existenz der anderen zeuge. Dessen sind sich einige Forscher zwar bewuflt, doch ist man bisher — so viel ich weifl — ttber eine allgemeine Konstatierung hinaus an eine systematische Durchfor- schung dieser Tatsachen sowohl in ihrer wechselseitigen Bezie- hung als auch in ihrer gemeinsamen Beziehung zur sprachlichen Struktur nicht her angetr eten.2 Die Willkttrlichkeit auf der einen und die Expressivitât oder Symbolik auf der anderen Seite sind zwei verschiedene Eigenschaften aller phonischen Sprachelemente, welche in verschiedenen Graden, in Abhâ’ngigkeit von der semante- matischen Funktion eines gegebenen lexikalischen Elementes zutage treten. Unter dem Ausdruck semantematische Funktion verstehe ich einen bestimmten Grad der Notionalitât bzw. der Inter jektionalitat des Semantems, welcher sich durch eine ge- ringere oder stSrkere emotionale Fârbung der Wortbedeutung verrat, und zwar so, dafi die emotionale Fârbung umso starker ist, je niedriger der Grad der Notionalitât und je hoher der der Inter jektionalitat i st, und umgekehrt. Extreme Falle, zwischen denen eine Menge von Obergangsstufen liegen, sind auf der einen Seite die mit mOglichst hohem Grad von Intellektualitat behafteten Semanteme — Bereich der reinen Termini (freilich im Sinne nicht nur des wissenschaftlichen, sondern auch des naiven Den- kens) —, auf der anderen Seite die mit mflglichst hohem Grad von Inter jektionalitat und damit verbundener hiJchst affektiver Bedeutungsfarbung behafteten Semanteme — Bereich der reinen Interjektionen. Von dieser semantematischen Funktion mufi man ausgehen, wenn man die wechselseitige Beziehung zwischen dem phonischen und dem lexikalischen Plane der Sprache richtig beur- teilen will. Die beiden Eigenschaften der Lautelemente, welche als Willkarlichkeit und als Expressivitât oder symbolische Geltung bezeichnet werden, hangen mit jener Funktion so zusammen, dafi der Grad der Willktlrlichkeit der phonischen Elemente eines Seman- tems umso hoher ist, je hdher der Grad der Notionalitât und dement- sprechend niedriger der der Inter jektionalitat dieses Semantems ist, und umgekehrt: je hCJher der Grad der Inter jektionalitat und dementsprechend niedriger der der Notionalitât, desto hCJher der Grad der Lautexpressivitat oder -symbolik. Von der willkttrlichen Natur phonischer Elemente zu sprechen ist man also in der Laut- wissenschaft nur in einem ganz bestimmten Sinne berechtigt, namlich wenn man sich dabei bewufit ist, dafi diese Willkttrlich- keit keine starre, unvariable Eigenschaft darstellt, sondern dafi es sich um eine prinzipiell unendliche Abstufungsreihe dieser Eigenschaft handelt, welche ihre maximalen Werte bei Semantemen mit dem mCglichst hohen Grad von Intellektualitat und ihr Minimum bei Semantemen mit dem mCglichst hohen Grad von Interjektion- alitât erreicht, also um eine Eigenschaft, welche im Hinblick auf ihren Grad bestândig variiert in Abhângigkeit vom Grad der Notionalitât bzw. der Inter jektionalitat nicht nur verschiedener Semanteme, sondern auch de s s e 1 b e n Semantems in verschie- denen konkreten Sprachstilen und Sprechsituationen. Und analog verhalt es sich mit der Lautexpressivitat oder -symbolik: je de s phonische Element kann expressive oder symbolische Geltung haben und verschiedene Werte dieser Eigenschaft bis zu ihrem Maximum erreichen in direkter Abhangigkeit vom Grad der Inter- jektionalitat, welche dem betreffenden Semantem innewohnt. Auf dieser interjektionalen Funktion eines Semantems grtlndet sich eben das expressive oder symbolische Empfinden seines Lautbestandes; doch wird dieses Empfinden durch eine verhalt- nismaflige Seltenheit oder ein vOllig vereinzeltes Vorkommen des Lautes oder der Lautgruppe gesteigert, so dafi unter gleichen semantischen Bedingungen die im totalen phonischen Habitus einer Sprache seltenen oder vereinzelt vorkommenden Lautelemente — sowohl phonologisch als auch phonetisch be- trachtet — eine stârkere expressive oder symbolischeWirkung hervorrufen als die mittelmâflig oder besonders haufigen.3
Diejenigen, welche die Laute inbezug auf die Wortbedeutung grundsâtzlich far arbitrSr halten und eine gewisse Beschrânkung dieser Eigenschaft nur ftlr die unumgSnglichsten Falle, wie z. B. die onomatopCJischen Inter jektionen, gelten las sen, werden durch ihren einseitigen Gesichtspunkt zur Behauptung genOtigt, die Be- schrSnkung betreffe blofl die lexikalische Peripherie. Gewifl ist der Grad der Willktlrlichkeit von Lautelementen umso niedriger, je néther das gegebene Semantem dem Maximum der Interjektiona- litSt steht, so dafl die Willktlrlichkeit von Lautelementen zu ihren niedrigsten Werten im Bereich der reinen Inter jektionen sinkt, welcher die periphere Zone zwischen Sprache und aufiersprachlichen Lautâufierungen, wie Schrei, Lachen u. a., bildet. Aber die Inter- jektionalitat kommt in der Sprache auch in schwâcherem Mafie vor, und zwar in einer prinzipiell unendlichen Abstufung, und durch- dringt auf diese Weise den ganzen Wortschatz jeder Sprache; darum mdssen wir die MOglichkeit der eingeschrankten Willktlrlichkeit von Lautelementen prinzipiell auf allé Semanteme erstrecken. In einzelnen konkreten Fallen ist diese Einschrânkung grOfier oder kleiner je nach der semantemantischen Funktion des Wortes.
Bei aller Variabilitat der genannten Werte kann das totale Verhaltnis der Willktlrlichkeit und der expressiven oder symboli- schen Geltung phonischer Elemente — anders ausgedrtlckt: das totale Verhaltnis der notional fungierenden und der interjektional fungierenden Semanteme — in verschiedenen Sprachen oder Sprachstilen verschieden sein; man denke an derartige Unterschiede z. B. zwischen Sprachen der hochzivilisierten Vtflker und Sprachen der Viflker primitiver Zivilisation, oder zwischen dem Sprachstil der Dichter und dem der Wissenschaftler.
Die interjektionale Funktion des Semantems âuflert sich in seiner lautlichen Form sowohl im synchronischen als auch im diachronischen Sinne: synchronisch durch gewisse Besonderheiten der phonologischen Struktur und deren phonetischer Realisation im Vergleich mit den notional fungierenden Semantemen, diachron- isch durch den lautgeschichtlichen Konservativismus. Ein je haherer Grad der Inter jektionalitât vorhanden ist, desto reich- haltiger ist das phonematische Repertoire, desto mannigfacher sind die MOglichkeiten der Kombination von Phonemen, desto stârker ist auf der einen Seite die Tendenz zur Schwâchung der funktionellen Spannung zwischen einzelnen Phonemen, auf der anderen die Tendenz zur Phonologisierung phonetischer Varian- ten; desto grCJfler auf der einen Seite der Widerstand gegen dia- chronische Wandlungen, auf der anderen die Neigung zur lautlichen Variabilitât im ahistorischen Sinne.4 Dabei kann ein und dasselbe Semantem, was die semantematische Funktion betrifft, verschie- den beschaffen sein, d. h. demselben Semantem kCnnen — so- wohl in verschiedenen Zeitabschnitten der Sprachgeschichte als auch g 1 e i ch z e i t i g bei verschiedenem Sprachgebrauch — ver- schiedene Grade der Notionalitât bzw. der Inter jektionalitât zukommen; darin findet ihre Erklârung z. B. die lautliche (und die dadurch oft bewirkte semantische) Spaltung von Semantemen, welche in der notionalen Funktion die normale Lautgeschichte mitmachen, wâhrend sie in der interjektionalen Funktion dem dia- chronischen Lautwandel mehr oder weniger widerstehen.5 Aus alledem erhellt die Wichtigkeit einer gehOrigen Rtlcksichtnahme auf die Inter jektionalitât bei der synchronischen wie der diachroni- schen Erforschung des phonischen Planes der Sprache. Diese Erforschung wird durch die erwâhnte Rïtcksichtnahme allerdings sehr kompliziert — man vergesse nicht, dafl die lautlichen Be- sonderheiten der interjektional fungierenden Semanteme sowohl in synchronischer als auch in diachronischer Hinsicht mehr oder weniger durchschlagend sind je nach dem Grad der Interjektionali- tât in den einzelnen Fallen, so dafl z. B. in derselben Sprache eigentlich viele, mehr oder weniger voneinander abweichende phonologische Strukturen koexistieren; gleichzeitig aber wird durch jene Rdcksichtnahme die sprachwissenschaftliche Forschung ihrem wahren Gegenstand adâquater und von allzu groflem Ver- trauen auf die bisherigen Hilfsschematisationen der sprachlichen Wirklichkeit befreit.
Die Willkttrlichkeit von Lautelementen inbezug auf die Wort- bedeutung befindet sich in einem steten wechselseitigen Kompen- sationsverhSltnis zu ihrer expressiven und symbolischen Geltung. Ein je hOherer Grad von NotionalitSt dem gegebenen Semantem innewohnt, desto grOfler ist die Willkttrlichkeit der phonischen Elemente, aus welchen es besteht, und dementsprechend schwS- cher dessen expressive und symbolische Funktion. In der sprach- lichen Praxis tritt es folgendermaflen zutage: bei Semantemen mit notionaler Funktion wird von den AngehOrigen der betreffenden Sprache nicht empfunden, dafl der Lautbestand dieser Semanteme an und ftlr sich zum sprachlichen Ausdruck der entsprechenden Vorstellung irgendwie beitrâgt oder beitragen kOnnte. Es liegt nicht an der Vo r s te 11 un g selbst; z. B. kann als Ausdruck ftlr einen bestimmten Naturlaut geradeso ein notionales Semantem dienen wie ein onomatopÉJisches, d. h. ein mehr oder weniger inter- jektional fungierendes Semantem. Auf der anderen Seite nimmt die Willkttrlichkeit von Lautelementen mit der zunehmenden Interjek- tionalitâtt ab, und in entsprechendem Mafle nimmt deren expressive oder symbolische Geltung zu. Praktisch heiflt das: je hflher der Grad der InterjektionalitSt eines gegebenen Semantems ist, desto stârker wird sein Lautbestand als besonders geeignet und zutref- fend empfunden, die mit ihm assozierte Sachvorstellung sprachlich auszudrttcken; und es liegt wieder nicht an dieser Vorstellung selbst. Die semantematische Funktion ist eben derjenige Faktor des semantischen Planes, durch welchen sich in der Sprache die Stellungnahme bzw. Nichtstellungnahme der Mitglieder eines sprachlichen Kollektivums zu den auszudrttckenden Vorstel- lungen âtufiert.6
Das gegenseitige Kompensationsverhâltnis zwischen Willkttr- lichkeit und Expressivitat oder Symbolik von Lautelementen spie- gelt sich natttrlicher- und notwendigerweise auch im gegenseitigen VerhSltnis zwischen dem phonischen und dem lexikalischen Plane der Sprache. Je hcher der Grad der Notionalitât von lexikalischen Elementen und je grOfler in Abhângigkeit davon die Willkttrlichkeit von lautlichen Elementen ist, desto schârfer tritt die Grenze zwischen den beiden Plânen zutage; die schârfste Scheide wird im Bereich der hflchst intellektuellen Semanteme erreicht, wo die Willkttrlichkeit phonischer Elemente zu ihrem Maximum lempor- steigt und somit praktisch die vollkommene Irrelevanz dieser Elemente inbezug auf die Wortbedeutung erzielt wird. Und um- gekehrt verliert die Scheide zwischen dem phonischen und dem lexikalischen Plane umso mehr an ihrer Schârfe, je hOher der Grad der Inter jektionalitat und im Zusammenhang damit auch der der Expressivitat oder Symbolik ist, mit anderen Worten: im interjektionalen Bereich des Wortschatzes nehmen die phonischen Elemente mehr oder weniger einen bedeutungsbildenden Charak- ter an, und mit der zunehmenden Inter jektionalitat nimmt ihre semantische Relevanz zu, sie tendieren sozusagen dazu, selb- standige Semanteme (bzw. Bestandteile eines lexikalischen Kom- positums) zu werden. Diese Tendenz nahert sich ihrem Maximum im Bereich der reinen Interjektionen; in den Grenzfâllen, d. h. an der Grenze zwischen Inter jektionen mit hOchstem Grad von Affek- tivitat einerseits und aufiersprachlichen LautâuBerungen anderer- seits, verschwimmen die phonischen und die lexikalischen Ele- mente ineinander. Eine analoge Tendenz charakterisiert den inter jektionalen Bereich der Sprache in morphologischer Hinsicht: je haher der Grad der Inter jektionalitat, desto starker der Drang nach »wortstammartigen« Gestalt der grammatischen Form — Belege daftlr bieten be sonder s der Vokativ bei den Nomina und der Imperativ bei den Verben —, also die Tendenz zu einer Annâherung und dem endgflltigen Zusammenfall des morphologi- schen und des lexikalischen Planes. Eine Parallele innerhalb des Phonischen bietet die charakteristische Lockerung der struk- turellen Spannung zwischen der phonologischen und der phoneti- schen Seite der Sprache in direkter Abhangigkeit vom Grad der Inter jektionalitat — also wieder die Tendenz zu mOglichster Annaherung der beiden phonischen Seiten, deren endgtlltigem Zu- sammenfall in den Grenzfallen, und dadurch freilich zur vOlligen Zersetzung der Sprache in phonischer Hinsicht.
Das angedeutete Hinflbergreifen des phonischen Plans der Sprache auf den lexikalischen Plan im inter jektionalen Bereich des Wortschatzes geschieht ferner nicht ohne eine gewisse Kom- pensation vonseiten der Wortbedeutung. Mit zunehmender Inter- jektionalitat steigert sich die emotionale Fârbung des Wortes, und Hand in Hand damit verliert seine Bedeutung an sachlicher Be- stimmtheit und Klarheit. Diese Bestimmtheit und Klarheit char akterisiert eben die notionalen Semanteme; je hcher der Grad der Notionalitât ist, desto mehr tritt der sachliche (gegenstândliche) Bedeutungskern des Wortes in den Vordergrund, desto adaquater wird das Wort far denjenigen Dienst der Sprache, den man als Darstellung bezeichnet (die zuhiJchst intellektuellen WiJrter, die reinen Termini, erreichen die maximale Tauglichkeit ftlr einen solchen Dienst, besitzen den maximalen Darstellungswert). Und umgekehrt: je htJher der Grad der Interjektionalitât ist, desto mehr tritt der sachliche Bedeutungskern in den Hintergrund, de- sto unbestimmter wird-die Bedeutung eines Wortes, desto weniger taugt das Wort zum Ausdruck der betreffenden Vorstellung selbst und desto tauglicher empfindet man es zum Ausdrticken der per- sCJnlichen Stellungnahme von Sprechenden zu dem betreffenden Vorstellungsgegenstand, also desto adaquater ist es wieder fur jene andere Funktion der Sprache, die spezifisch als Ausdruck bezeichnet wird. Die zuhiJchst affektiven WOrter — die reinen Inter jektionen — erreichen somit den maximalen Ausdruckswert, aber gleichzeitig sind sie durch den minimalen Dar stellungswert charakterisiert, d. h. ihre sachliche Bedeutung ist viJllig nebel- haft. Es besteht also ein indirektes Verhaltnis zwischen der sachlichen Klarheit und Bestimmtheit der Bedeutung eines lexi- kalischen Elementes und der semantischen Relevanz seines Lautbestandes: je stârker die Laute semantisiert sind, desto un- bestimmter ist die sachliche Bedeutung der aus ihnen bestehenden Semanteme — eine Schwâchung der Bedeutunghaftigkeit des Wortes wird durch eine quantitativ (nicht qualitativ) entsprechende Verstârkung der Bedeutunghaftigkeit der Laute kompensiert. Auf der anderen Seite wird die Abnahme des Darstellungswertes von Semantemen einer gegebenen Sprache je nach dem Grad der Inter- jektionalitât durch die Zunahme einer allgemeinmenschlichen Ver- stSndlichkeit, sozusagen einer SelbstverstSndlichkeit, kompensiert; und diese Tendenz nach semantischer I n t e r n a t i o n a 1 i t a t im interjektionalen Bereich des Wortschatzes geht Hand in Hand mit der analogen Tendenz nach Internationalitât der phonischen Ge- stalt der betreffenden Semanteme. Die beiden innerlich verwand- ten Tendenzen wird jeder Beobachter wenigstens im Bereich der reinen Inter jektionen deutlich genug erkennen.
Notes
1. Unter dem Termin phonische Elemente werden hier still- schweigend auch die Kombinationen von Lautelementen miteinbe- zogen.
2. So z. B. sagte K. Btthler zum Schlusse seines Vortrages Psychologie der Phoneme auf dem Londoner Kongrefl fttr phonetische Wissenschaften (zit. nach den Proceedings of the Second Internat Congress of Phonetic Sciences, Cambridge 1936, Seite 161T TV- »[Ubrig bleibt nochj zu fragen, ob die Einzellaute. . . aufier ihrem Beruf als Diakritika der ganzen Klangbilder auch an der Symbol- funktion, die diesen zukommt, teilnehmen oder nicht. Die Ant- wort auf diese Frage lautet ja ttberall dort, wo Phoneme lautma- lend im weitesten Sinn des Wortes auftreten; und die Antwort lautet nein aberall dort, wo dies nicht der Fall ist.« Diese prak- tisch richtige Auffassung kehrt in BOhlers anderen Arbeiten, auch seiner Sprachtheorie, in verschiedenen stilistischen Variationen ohne aber Bïlhlers theoristische Beurteilung aller damit zusam- menhângenden Fragen folgerichtig zu beeinflussen. — Als verfehlt mulî der Versuch einer einheitlichen Lifsung des Problems be- zeichnet werden, den J. von Laziczius in seinem Vortrage A New Category in Phonology auf demselben Kongress (Proceedings S. 57 ff.) unternommen hat auf Grund einer Unterscheidung zwischen Phonemen (als “sign-elements which have an equal importance in the function of representation, appeal and expression”), Emphatika (“sign-elements with a double function”: appeal, expression) und Varianten (“sign-elements with one single function”: expression). Mit den Ausftihrungen Laziczius’ brauche ich mich hier nicht im besonderen auseinanderzusetzen; mein Standpunkt ergibt sich aus alledem, was weiter unten ausgefuhrt wird, von selbst.
3. Zu dieser »besonderen« expressiven oder symbolischen Kapazitât der im totalen phonischen Habitus einer Sprache selten oder vereinzelt vorkommenden Lautelement ftlhrt das unwillkttr- liche Yergleichen der im Sprachbewufitsein der AngehiJrigen dieser Sprache koexistierenden und — in Abhângigkeit von der semante- matischen Struktur dieser Sprache — mehr oder weniger verschie- den gearteten phonologischen Strukturen, bzw. auch der verschie- denen phonetischen Realisationen derselben. Dieses unwillktlrliche Vergleichen geschieht in umso geringerem MaBe, je mehr Auf- merksamkeit der Sprechenden oder ZuhOrenden auf die sachliche Bedeutung der betreffenden Semanteme konzentriert ist, mit anderen Worten, ein je hoherer Grad der Notionalitât vorhanden ist (dardber noch weiter unten); darum kflnnen unter gdnstigen Umstânden umgekehrt die seltenen Laute oder Lautgruppen auch als »normal« empfunden werden und daher willkûrlich sein (z. B. die abnormalen Laute oder Lautgruppen in den fremdsprachlichen Fachausdrttcken beim streng terminologischen Gebrauch unter den Fachleuten).
4. Nâheres dartlber Verf., Zur lautlichen Struktur der interjektionalen Sprachgebilde, Slavia (Prag) 15, 1937, 43 ff. —Vgl. jetzt auch einige Beispiele aus dem Dânischen bei A. Martinet, La phonologie du mot en danois (Paris 1937), S. 183 f.
5. Einige Beispiele auf diese Spaltung s. in dem eben Anm. 4 genannten Aufsatz S. 51.
6. Fttr das Sprachbewufltsein ist darum auch der Unterschied zweischen »blofler« Lautexpressivitât und »echter« Lautsymbolik eine Nebensache (man spricht nSmlich von Lautsymbolik — zum Lautexpressivitât — gewOhnlich dann, wenn jene Empfindung eines besonderen Zutreffendseins der Lautelemente eine objektive Grundlage oder wenigstens Stûtze in dem Sinne hat, dafl es sich um ein gewisses Verwandtschaftsverhâltnis zwischen der akusti- schen oder der artikulatorischen Natur der Lautelemente und der physikalischen Natur der auszudrOckenden Erscheinungen handelt, also um den Bereich der onomatopCischen Sprachgebilde und der »Lautbilder« im engeren Sinne).
*From Travaux du Cercle Linguistique de Prague, VIII: 58-65 (1939).
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